In die Bibliographie meiner Präsentation Contentstrategie für das Postwachstum nehme ich zwei Dokumente auf, zwischen denen 40 Jahre liegen:

Die Scientists for Future haben ihre Erklärung auf deutsch und englisch mit Nachweisen und Erläuterungen auch auf ihrer Website publiziert.

Zu der Erklärung der Scientists for Future gehört eine Factbox, in der die wichtigsten Tatsachen zum Klimawandel festgehalten sind. Wir sollte an der Hochschule bei Aufnahme- und Abschlussprüfungen sicherstellen, dass alle, die bei uns studieren und studiert haben, diese Fakten kennen.

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Deutschlandfunk-Bericht zur ICWSM-2019

Ich finde den Bericht von Mariann Unterluggauer zur ICWSM-2019 aus mehreren Gründen interessant: wegen der vielen Aussagen zu Methodenproblemem in der Internetforschung, wegen Bemerkungen zur Veränderung der Schreibkompetenz durch Social Media-Aktivitäten und wegen der kritischen Sicht auf die Validität der von den großen Webkonzernen gesammelten Daten. Die Konferenzbeiträge wurden hier schon veröffentlicht (!).

Marianne Unterluggauer hebt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hervor, die ich mir merken möchte: Jürgen Pfeffer, Kristina Lerman (die ich neulich verpasst habe, als sie in Graz war, offenbar grundlegend für ihren Ansatz: Computational Social Scientist Beware: Simpson’s Paradox in Behavioral Data) und Jack La Violette.

Eine Frage, die sich für mich stellt: Wie wissenschaftlich sind wir mit unserer angewandten Forschung in diesem Themengebiet an der FH? Wir müssen uns mit den Themen beschäftigen, die hier diskutiert wurden, um zu klären, ob wir überhaupt einen wissenschaftlichen Anspruch erheben können—bzw. wo wir im Design und der Entwicklung tatsächlich valide Daten verwenden können. Möglicherweise gibt es hier eine tiefere Kluft zwischen wissenschaftlichem Anspruch und datenbasierter Praxis, als uns klar ist: Die kommerzielle, erfolgsorientierte Datenerhebung beeinflusst die Qualität der Daten. Wir tappen, wenn wir über Online-Medien und ihre Nutzung sprechen, vielleicht viel mehr im Dunkeln, als es die Big Data-Begeisterung suggeriert.

Am Freitag habe ich den Studierenden des Jahrgangs #cos17 eine Präsentation über Contentstrategie für das Postwachstum gezeigt, als Teil der #LecturesForFuture. Es ist mein erster Versuch, eine konsistente Präsentation zum Themenkomplex Klimakrise und Postwachstum zu erstellen. Ich hoffe, dass ich sie weiter ausbauen kann. Die Versionen sind auf GitHub archiviert.

Ich bin nicht sicher, dass man den Gedankengang ohne mündlichen Vortrag folgen kann. Die Argumentation ist:

  1. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist seit Beginn der Industrialisierung kontinuierlich gestiegen, am deutlichsten veranschaulicht in der Keeling-Kurve. Der Anstieg hat sich in den letzten 40 Jahren noch einmal deutlich beschleunigt.

  2. Das CO2 in der Atmosphäre führt zu einer Erhöhung der Temperaturen, die ab einem Anteil von ca. 450 Parts Per Million noch deutlich katastrophalere Konsequenzen haben wird, als wir sie jetzt schon beobachten können. Um das Klima halbwegs stabil zu halten, muss so schnell wie möglich darauf verzichtet werden, weitere Treibhausgase in die Atmosphäre zu pumpen (Veranschaulichung: Szenarien des Weltklimarats).

  3. Der Zusammenhang von globaler Erwärmung und CO2-Gehalt (andere Treibhausgase wären auch noch zu berücksichtigen) ist durch jahrzehntelange wissenschaftliche Forschung belegt. Wichtig dafür war die Möglichkeit, dass Weltklima mit Computern zu modellieren, und die Erkenntnis über den Zusammenhang von CO2 und den Temperaturen auf der Venus (Veranschaulichung: Eine der ersten Studien über globale Erwärmung).

  4. Bereits jetzt können wir eine Fülle katastrophaler Ereignisse beobachten, deren Zahl und Ausmaß vom Klimawandel abhängt (Veranschaulichung: Meldungen über die Erwärmung der Ozeane, das Abschmelzen des Polareises und die Dürre in Indien).

  5. Um die globale Erwärmung in Grenzen zu halten, muss eine absolute Grenze der Gesamt-CO2-Emissionen festgelegt werden, aus der sich für die Zivilisation insgesamt und für jeden Menschen ein CO2-Budget ergibt. (Veranschaulichung: CO2-Uhr des Guardian). Das gerade noch vertretbare Budget pro Kopf der Weltbevölkerung liegt in der Größenordnung von einer Tonne pro Jahr.

  6. Wir tragen durch den gesamten Lebensstil in den reichen Ländern zur globalen Erwärmung bei. Die reichsten Teile der Weltbevölkerung verursachen den bei weitem größten Anteil der globalen Erwärmung. Die globale Erhitzung erfordert einen radikalen Umbau der Wirtschaft (Veranschaulichung: Daten über CO2-Ausstoß, besonders in Deutschland.)

  7. In der Zeit, die noch zur Verfügung steht, um die Wirtschaft CO2-frei zu machen, wird man das Wirtschaftswachstum nicht in ausreichendem Maß vom CO2-Ausstoß abkoppeln können (Veranschaulichung: Szenarien des Weltklimarats, interpretiert durch eine neue Arbeit zur Hypothese eines grünen Wachstums). Die globale Erhitzung wird sich nur durch eine Schubumkehr in der Wirtschaft stoppen lassen, durch die der Energieverbrauch vor allem in den reichen Ländern drastisch sinkt. Diese Schubumkehr muss die gesamte Wirtschaft betreffen.

  8. Damit stellt sich die Frage, wie Contentstrategie jenseits einer Wachstums-Perspektive betrieben werden kann. Das Motto Content First! lässt sich auch als Motto einer dematerialisierten Wirtschaft verstehen.

Es hat mich überrascht, dass die Studierenden in der Diskussion die Geamtargumentation nicht kritisiert haben. Sie haben eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, mit Inhalten eine ressourcenschonendes Wirtschaften zu unterstützen. Die wichtigste Kritik an der Präsentation war, dass die Möglichkeit, den CO2-Gehalt der Atmosphäre mit neuen Technologien zu reduzieren, zu wenig berücksichtigt wird. Darauf muss ich noch eingehen. Ich habe mich in der Präsentation einfach auf die Aussage in der Literatur verlassen, dass solche Technologien in den nächsten 20 Jahren nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen.


Für waren sind bei dieser Präsentation zwei Gesichtspunkte wichtig:

  • Ich möchte mich an wissenschaftlichen Ergebnissen und Argumentationen orientieren, nicht an Ideologien. Die Orientierung an der Wissenschaft ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit der gesamten -Bewegung.
  • Ich möchte fokussiert in Bezug auf CO2 und den Klimawandel argumentieren, auch wenn ich inzwischen generell davon überzeugt bin, dass wir eine Postwachstums-Ökonomie ansteuern müssen. Die Degrowth-Perspektive muss sich aus empirischen Daten ergeben, sie darf nicht vorausgesetzt werden. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch ohne Klimawandel die Biosphäre so bedroht ist, dass die erwähnte Schubumkehr notwendig ist.

Im Zug zurück von London habe ich zwei Essays gelesen, deren Autoren daran zweifeln, dass die Menschheit die Klimakrise durch organisiertes kollektives Handeln abwenden wird: Climate change: ‚We’ve created a civilisation hell bent on destroying itself – I’m terrified‘ von James Dyke und No Happy Ending: On Bill McKibben’s “Falter” and David Wallace-Wells’s “The Uninhabitable Earth” von Roy Scranton.

Beide Aufsätze sind Interpretationen und Kritiken von Publikationen zum Anthropozän und zur Klimakrise. Scranton rezensiert die Bücher Falter von Bill McKibben und The Uninhabitable Earth von David Wallace-Wells. Dyke bezieht sich auf eine Reihe von wissenschaftlichen und politischen Texten. Im Mittelpunkt steht für ihn das Konzept der Technospäre (englisch: technosphere), das Peter Haff in Humans and technology in the Anthropocene: Six rules dargestellt hat. Wichtige Ausgangspunkte für Dyke sind auch die Theorie der Nine planetary boundaries und der Begriff der Großen Beschleunigung, der in The trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration formuliert wurde.

Scranton und Dyke fragen, ob das Engagament der Aktivisten gegen die Klimakrise auf Illusionen beruht. Es geht in beiden Aufsätzen um die kollektiven Akteure, an die der Aktivismus gegen die Klimakrise appelliert. Dyke sagt im Anschluss an Haff, dass ein neuer Akteur, die Technosphäre, an die Stelle der Menschheit getreten ist, dass die Geschichte also gar nicht mehr von Menschen gemacht wird, sondern von einem autonom agierenden technischen Komplex. Scranton ordnet die Vorstellung einer kollektiv handeldenden Menschheit einem naiven narrativen Konzept zu—der alten Erzählung vom Sieg des Guten gegen alle Widerstände. Scranton und Dyke halten es nicht nur für möglich, sondern für wahrscheinlich, dass die Klimakrise tragisch ausgeht—mit den Katastrophen, die David Wells in seinem Buch und davon in seinem Artikel im New York Magazine beschrieben hat.

Beide Texte sind gelehrte Essays und enthalten eine Fülle von Verweisen. Ich verstehe sie als Ausgangspunkte für weitere Lektüre. Ich möchte sie und die Texte, auf die sie sich beziehen, vor dem Hintergrund der Akteurs- und Aktionskonzepte lesen, die von Bruno Latour und in seinem Umkreis entwickelt
wurden.

Die Leitfrage für mich ist hier: In welchen Beziehungen stehen wissenschaftliche Inhalte und öffentliche Diskussion? Wie greifen wissenschaftliche, politische und literarische Diskurse hier ineinander? Dazu gehört auch: Welches sind die Rollen und die Strategien von Autoren angesichts der ökologischen Katastrophe? Diese beiden Aufsätze sind keine nüchtern geschriebenen Rezensionen. Sie denken andere Texte weiter—auch da, wo deren Autoren selbst vor den Folgerungen aus ihren Überlegungen zurückschreckten. Sie artikulieren—ich kann es nur so vorläufig und oberflächlich formulieren—die existenzielle Dimension der ökologischen Krisen.


Ich bin durch Tweets auf diese Texte aufmerksam geworden, durch diesen und andere.

Ich denke darüber nach, in welchem Verhältnis das, was ich tue, zur Wissenschaft und auch zu einer wissenschaftlichen Institution wie der Fachhochschule steht, an der ich arbeite. Hintergrund dafür ist, dass mich interessiert, welche Beziehungen es—konkret in Bezug auf die Klimakrise—zwischen dem Publizieren für die Öffentlichkeit und dem wissenschaftlichen Publizieren gibt, und welche Rolle dabei das Web spielt und spielen kann. In welcher Rolle spricht man, wenn man wissenschaftliche Ergebnisse zur Klimakrise außerhalb eines wissenschaftlichen Publikums diskutiert? Ist man dann entweder Dolmetscher oder Sprachrohr der Wissenschaft oder aber ihr Gegner? Oder ist diese Diskursebene, oder sind diese Diskurse etwas Eigenes, das umgekehrt auch zu der Wissenschaft spricht—gibt es so etwas wie notwendige intertextuelle (wenn das Wort richtig ist) Beziehungen zwischen Wissenschaft und öffentlichem Sprechen oder Schreiben? Und wie kann man auf diese Fragen die analytischen Instrumente anwenden, die in den Science Studies entstanden sind?

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Ich war in der letzten Woche in Dubrovnik. Es war eine Mischung aus Familienbesuch und Urlaub, ich habe etwas Kroatisch gelernt, und ich bin nicht viel zum Lesen und Schreiben gekommen. Ich habe aber immer wieder darüber nachgedacht, warum und was ich schreibe und lese.

Wenn ich nur 10 Minuten in meinen Twitter-Stream oder den Guardian schaue, versetzen mich Nachrichten über ökologische Katastrophen und den aktivistischen Widerstand dagegen in einen Alarmzustand, aus dem ich mich schwer lösen kann. Es gelingt mir nicht, diesen Alarmzustand so umzuformen, dass sich daraus ein kontinuierliches und begrenztes, lokales Handeln (oder Schreiben) ergibt, und das kann man an diesem Blog und meinem Microblog gut ablesen. Ich finde nicht zu einem business as usual, obwohl ich zum ersten Mal, seit ich angefangen habe zu arbeiten, genug Zeit habe, um nur noch zu tun, was mich interessiert.

Auf den Ausdruck business as usual komme ich durch einen Tweet des Londoner Bürgermeistes Sadiq Khan:

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Eric Holthaus bezeichnet sich auf seinem Twitter-Profil als Ecosocialist. Ich habe kurz darüber nachgedacht, ob ich dieses Label übernehmen soll. Ich würde niemand korrigieren, der mich so bezeichnet. Aber ich möchte mich nicht gerne selbst so klassifizieren. Die politische Haltung, zu der ich gerade finde (und über die ich hier immer wieder schreibe) ist vielleicht auch ökosozialistisch, aber sie hat einen anderen Kern. Wenn ich müsste, würde ich sie lieber mit Wörtern bezeichnen, die in die Gegenwart gehören. ist wahrscheinlich eine solche Bezeichnung.

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Gestern hat Ana eine gute Einführung in das Thema #degrowth gefunden:

Matthias Schmelzer: Degrowth–kurze Einführung in Konzept und Bewegung

Den Text von Matthias Schmelzers Vortrag gibt es als PDF.

Schmelzer beschreibt in einer halben Stunde die Motive der Wachstumskritik, die Geschichte der degrowth-Bewegung und ihre wichtigsten Themen, darunter die Kritik am Konzept eines grünen oder nachhaltigen Wachstums. Er argumentiert klar und unaufgeregt. Schmelzer hat viele andere Arbeiten zur Wachstumskritik verfasst, darunter ein einführendes Buch, das gerade erschienen ist. Gestern habe ich von ihm noch zwei Zeitungsartikel gelesen—einen in der FAZ (Postwachstumsgesellschaft und Degrowth: Neue Konzepte der Ökonomie), einem im Neuen Deutschland (Fridays for Future: Schüler politisieren die Zukunft).

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Ich habe vor zwei Wochen versucht, in einer Präsentation zu begründen, warum ich für degrowth, also für ein Rückwachstum eintrete. Dazu wollte ich einige wichtige Links sammeln. Ich bin im ersten Anlauf schnell gescheitert: Es gibt so viele solcher Informationen, dass es sehr schwer ist, zentrale von weniger zentralen Informationen zu trennen. Die Thematik ist zugleich so komplex, dass sich die Begründung nicht auf wenige einzelne Fakten reduzieren lässt. Außerdem kam es mir nicht auf reine Fakten an (wenn es sie gibt), sondern auf Zusammenhänge, auf die figurative oder Darstellungsebene, die man nicht von der Ebene der Fakten trennen kann.

Statt meine Präsentation abzuschließen, habe ich damit begonnen, journalistische Informationen zum Klimawandel und zur globalen Ungleichheit und Armut zu sammeln.

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Gestern bin ich durch einen Retweet von Edward Tufte auf einen Artikel der Kognitionspychologin Alison Gopnik aufmerksam geworden: How David Hume Helped Me Solve My Midlife Crisis.

Alison Gopnik erzählt darin zwei Geschichten: Die der Suche nach einem möglichen Einfluss des Buddhismus auf die Philosophie David Humes und die ihrer Erholung von einer schweren persönlichen Krise nach dem Ende ihrer Ehe. Mich hat die Recherche zu Hume noch mehr interessiert als die persönliche Geschichte Gopniks.

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