Charlotte Brives, Pierre Charbonnier und Bruno Latour haben sich in den letzten Wochen zur Coronakrise geäußert. Sie stellen zur Covid-19-Pandemie Fragen wie: In welchem Verhältnis steht die Pandemie zu den großen, miteinander verbundenen ökologischen Krisen? Was verändert sie in unseren Gesellschaften—was zeigt sich in ihr über unsere Gesellschaften? Sie kritisieren die vorschnellen Antworten der nationalstaatlich orientierten Politik, des neoliberalen und auch des herkömmlich linken ökonomischen Determinismus und einer vorgeblich überpolitischen Ökologie. Die Forderung nach einer lokalisierten Zivilgesellschaft, die das Territorium, das Gelände nicht als Außen begreift, sondern sich mit ihm vernetzt, ist für mich das wichtigste Thema nach der ersten Lektüre dieser Texte.

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Gestern habe ich mir Abondance et liberté von Charbonnier als Ebook gekauft und den ersten Teil der Einleitung gelesen. Ich habe mir vorher noch ein Gespräch mit Charbonnier auf France Culture angehört.

Mein erster Eindruck ist, dass dieses Buch eine Basis für politisches Denken im Anthropozän formuliert. In dem Interview sagt Sylvain Bourmeau, Charbonniers Gesprächspartner, dass Charbonnier den Gedanken einer radikalen Politisierung aller ökologischen Fragen vertritt. Damit ist gemeint, dass er zeigt, dass alles, was bisher als Umweltfrage galt, also als Frage der Beziehung zu etwas außerhalb der Gesellschaft, heute zu einer politischen Frage geworden ist. Es ist auch gemeint, dass alle bisherigen politischen Fragen auch Fragen sind, die die Umwelt, oder besser: die nichtmenschlichen Komponenten der Gesellschaft betreffen.
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Durch einen Tweet von Bruno Latour bin ich auf das Buch Abondance et liberté von Pierre Charbonnier aufmerksam geworden, das gerade in Frankreich erschienen ist.

Latour sagt:

Man kann die Bedeutung von Pierre Charbonniers Buch „Abondance et liberté“, das am 2-1-20 veröffentlicht wurde, kaum überschätzen, denn es erlaubt uns zum ersten Mal, die sozialistische Tradition auf die radikalsten Aspekte der sogenannten „ökologischen“ Themen aufzupfropfen.

(Das Wort greffer, das Latour benutzt, bezieht sich auf das Veredeln in der Landwirtschaft, und es wird auch im Sinne von transplantieren verwendet.)

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