In privilegierter Position (vor den Kollegen von den Mainstream-Medien…) auf dem ÖVP-Perspektiven 2010-Event. Ich denke an einen Satz von Helmut auf dem Barcamp gestern: Wichtig für soziale Medien in der Politik ist, wie sich der long tail artikulieren kann, z.B. die unbekannte Expertin an der Basis. Ich bin gespannt.

Außer mir bloggen Alexandra, Georg und Tom. Wir taggen die Posts mit http://technorati.com/tag/perspektiven2010. Ob ich als ergrauter Ö1-Hörer aus Deutschland in die Zielgruppe passe, die die ÖVP erreichen will, indem sie Blogger einlädt?

Gelegentlicher Applaus, Fernsehkameras, technoartige Musik. Der Saal ist durch Säulen verstellt, man kann das Event aber auf zahlreichen Flatscreens verfolgen.

Längerer Applaus, Wilhelm Molterer ist eingetroffen. Die Kameras konzentrieren sich auf ihn, er sitzt in der ersten Reihe neben Josph Pröll. Die Delegierten sitzen auf Holzkloppstühlen, zwischen denen sich die Fernsehkameras bewegen wie Starwars-Monster. Wier erfolg, diemal für die Außenministerin, die nicht viel niedriger ist als die Kameras.

Einleitung des Moderators: Warum der VIP-Raum des Ernst-Happel-Stadions? VIP=“Vielfalt in der Politik“… Dann der obligate Schmäh über die österreichischen Aussichten bei der Euro 2008. Jetzt wird ein Video über die Arbeit der Perspektivgruppen vorgeführt, konzentriert auf die Vorsitzenden der Perspektivengruppen (mögliches Tag: sympathisch, aber etwas zu laut).

Immer wieder Einblendung der bunten Tagcloud, um die sich das Design des ganzen Events bewegt. Vier Vorsitzende von Perspektivgruppen werden an einen runden Tisch auf dem niedrigen Podium gebeten. Tags: Vielfalt, Sepp Pröll als moderner Mann und moderner Politiker). Ich muss wieder an das BarCamp denken, den riesigen Unterschied aber auch die intendierte Gemeinsamkeit. Der Persepektivprozess wird dargestellt – vielleicht durchaus zu Recht – wie ein riesiges Social Media-Event, aber in einer Hochglanzinszenierung.

Neues Tag: wirtschaftsfreundliche Gesamtstimmung.

Siegfried Nagl zu Integration und Sicherheit. Akzent wieder auf der Vielfalt, und der

Beteiligung von nicht-ÖVPlern.

Der Moderator nennt das Stichwort „Hauptwort – und Symboldiskussion“. Die Statements sind

vorbereitet, und immer klingt der Wahlkampf an, vor allem jetzt, denn es geht schon um die

Schule.

Moderator: „Es ist eine kleine Revolution gelungen, nämlich die Lehrer im Sommer zum

Arbeiten zu bringen.“

Fliegender Wechsel zur Familie (Tags: leicht verständlich dargestellt,

Paradigmenwechsel). Deutliche Hinweise auf die Veränderungen der Familienformen.

Zurück zur Wirtschaft. (Tag: unternehmerischeres Österreich). Die Inhalte muss ich hier

nicht referieren. Es geht um Neugründungen und Beschaffung von Risikokapital, um kleine und

kleinste Unternehmen. Wieder ähnliche Inhalte wie beim Barcamp, wieder eine ganz andere

Form.

Jetzt wird Josph Pröll auf die Bühne gebeten.

Pröll dankt den Arbeitsgruppen und ihren -leiterinnen. Geht wieder auf den Platz ein: „…

wir dort hingehen wo die Menschen sind“. Begrüssungen…

Pröll beginnt eine klassische politische Rede: … Optimismus… Erfolgsweg… Und da gab es

sehr viele Stationen…Motor erfolgreicher Arbeit…

Zahlem: 10000 Menschen in den Perspektivgruppen, 100 Veranstaltungen, 1 Million Zugriffe

auf die Homepage

Betonung auf: Vielfalt, alle Gesellschaftsschichten, alle Altersgruppen. „Politik entlang

der Lebensverläufe“, „Übergänge unterstützend begleiten“, „selbstbestimmtes Leben“.

(Mögliches Tag: Übergänge). „Wer Diskussion verlangt, muss auch mit Widerspruch leben

können.“

Fundament, Identität der Volkspartei. Klassische Positionsbestimmung „Patriotismus ist die

Liebe zu den Seinen, Nationalismus ist Hass auf die anderen“. „Ja zum Leben“.

Jetzt aber wieder die „Lebenszyklen“. „Für uns ist Familie dort, wo Kinder sind“. Applaus,

als er sagt: „Die beste Form ist nach wie wor die Ehe“.

Wie gelint es uns die Fachhochschulen zu erweitern? Erwähnung von Wirtschaftsnähe, der

Notwendigkeit, Universitäten und Fachhochschulen zu erhalten (Mögliches Tag:

Leistungsträger)

„Weg mit dem Stigma des wirtschaftlichen Scheiterns“

Tag: Moderne konservative Volkspartei

Pröll sitzt, weil er ein Bein gebrochen hat, das unterstreicht die Ruhe, die er ausstahlt. Er gestikuliert sehr sparsam, fast nur mit dem linken Unterarm.

Die ÖVP lässt übrigens parallel live bloggen, so dass ich mit Zitate sparen kann. Dort werden die zentralen Aussagen prägnant hervorgehoben.

Wie ist mein Eindruck von der Veranstaltung? Inhaltlich habe ich bisher fast nichts gehört, was ich nicht unterschreiben könnte – auch wenn für mich manchmal mehr mehr wäre, z.B. bei der Eheschließung von Homosexuellen. In der Form ist der Wechsel des Stils vom Monolithischen zum Pluralistischen, von der Oräsentation der Granden zur Inszenierung der Basis deutlich beabsichtgt, aber noch unvollkommen verwirklicht.

Leider muss ich jetzt gleich nach Graz zurück, ich darf morgen meine Diplomprüungen nicht verpassen. (Jetzt kommt die Türkei, da würde ich Pröll wo nicht zustimmen. Obwohl: Er fordert am Ende von Verhandlungen eine Volksabstimmung, auch da ist ihm schwer zu widersprechen.) Ich werde mich über den Rest der Veranstaltung im Netz informieren und morgen weiterbloggen.

Jetzt kommt noch der Satz: „Die Bürger von Betroffenen zu Beteiligten machen“. Tag, hoffentlich: Partizipation.

Ich sitze in der Kantine des Museumsquartiers, meinem mobilen Büro in Wien. Ich habe zwei Tage BarCamp hinter mir. Für heute abend hat mich Alexandra Nussbaumer zu einem Event eingeladen, bei dem die Arbeit der Perspektivengruppe der ÖVP präsentiert wird; ich werde es als Blogger begleiten.

Ein lässiger Herbsttag, nach dem Schlammassel der letzten Wochen an der FH genieße ich die Urbanität. Zeit zum Nachdenken, zum Nacharbeiten und hoffentlich zum Schreiben…

Seit dem Mittwoch der vorletzten Woche habe ich mich hier fast nur mit FH-Themen beschäftigt. Wie andere Kollegen bin ich in dieser Zeit energisch dafür eingetreten, dass der Studiengang, an dem ich beschäftigt bin, in Graz bleibt. Wir haben schneller als erwartet erreicht, dass die Umzugspläne, die rein politische Gründe hatten, zurückgenommen wurden. Am Donnerstag hat das FH-Kollegium (dem ich angehöre) entschieden, die Weiterentwicklung von Studien- und Standortkonzepten in einem echten partizipativen Prozess des Kollegiums und der zuständigen Organe der FH JOANNEUM selbst voranzutreiben. Damit nehmen die FH-Professoren und -Studenten die Hochschulautonomie, die ihnen formal vor einigen Monaten zugesichert wurde, zum ersten Mal auch tatsächlich wahr.

Ich kann mich hier also endlich wieder mit anderen Themen beschäftigen. Heute und vielleicht auch in den kommenden Tagen möchte ich aber doch noch ein paar Gedanken und Ideen zu den Auseinandersetzungen der letzten Tage notieren. Sie betreffen die politische Situation der Hochschule, die Rolle der Öffentlichkeit in dem Konflikt und die Funktion der verschiendenen Kommunikationsmedien. Ich bitte Leser, denen die FH Joanneum etwas ferner steht, um Verständnis und Weiterlesen in anderen Beiträgen.

Stadt Graz als Gegengewicht zum Land

Zum politischen Kontext: Die Stadt Graz will ihre Einflussmöglichkeiten auf die FH Joanneum in Zukunft wahrnehmen — hoffentlich nicht eine weitere Politisierung auf einem Gebiet, auf dem Entpolitisierung und Unabhängigkeit von der politisch agierenden Landesverwaltung notwendig ist! Für die Medien- und Designstudiengänge, die in den strategischen Konzepten der Landesregierung keinen Platz hatten, bedeutet das eine Stärkung. Unterschiedliche Stimmen auf der Seite des Erhalters werden die FH-eigenen Gremien eher stärken als schwächen.

Bruch mit der johanneischen Mentalität

Wenn ich die Botschaft der vergangenen Woche in einem Satz zusammenfassen müsste, würde er lauten: Politiker und Bürokraten — lasst die Hochschule in Ruhe! Ein Kollege, den ich sehr schätze, hat in der vergangenen Woche davon gesprochen, dass die Steiermark endlich mit der johanneischen Mentalität brechen müsse, die die Demokratie hier noch immer behindere. Die Entscheidungswege seien nach wie vor feudal. Nach wie vor sei eingewurzelt, dass es die oben und die unten gibt, diejenigen die wissen und entscheiden dürfen, und diejenigen, die ruhig bleiben, wenn über sie verfügt wird. (Ob man diese Mentalität tatsächlich dem Erzherzog Johann anlasten muss?)

Mit der landeseigenen Hochschule wurde genau nach diesen johanneischen Prinzipien verfahren: Politik und Verwaltung wissen, was für die Hochschule gut ist, definieren in kleinsten Kreisen strategische Ziele und setzen diese dann mit dem Recht des Eigentümers um. Tatsächlich wird die FH Joanneum immer wieder als Landesbesitz bezeichnet. Dabei befindet sich lediglich die Betreibergesellschaft, der so genannte Erhalter der Fachhochschulstudiengänge, im Landeseigentum; die Fachhochschulstudiengänge selbst und die Fachhochschule als ganze sind autonom; sie lassen sich nicht adäquat als Besitz und schon gar nicht als Besitz des Landes beschreiben. Das Land bzw. die ihm gehörende Gesellschaft kann sich weigern, die Studiengänge über die bereits zugesagten Fristen hinaus zu finanzieren, es kann sie aber nicht im Sinne eines Unternehmens führen. Privatrechtliche Betreibergesellschaften wie bei der FH Joanneum sind in Österreich nur zugelassen, soweit deren Unternehmensgegenstand überwiegend die Errichtung, Erhaltung und der Betrieb von Fachhochschul-Studiengängen ist. Das heisst doch wohl: Sie dienen im Wesentlichen bildungspolitischen und nicht z.B. regionalpolitischen Zielen.

Zielvorgaben statt politischer Einmischung

Ich hoffe, dass der mediale und politische Sturm der vergangenen Wochen allen gezeigt hat, dass Politik und Verwaltung überfordert sind, wenn sie sich inhaltlich in die Entwicklung von Hochschulen einschalten. Die inhaltlichen Fragen sollten von den hochschulischen Gremien beantwortet werden, die dazu vorgesehen sind. Land und Kontrollgremien sollten nicht mitgestalten, sondern Ziele und Kriterien definieren, die für jeden nachvollziehbar sind und die Interessen der Wähler in Vorgaben für die FH übersetzen. Wenn die Politiker die Lektion, die ihnen Studenten, Lehrende und Medien erteilt haben, begreifen, können sich endlich alle Interessierten und Sachkundigen an spannenden — und hoffentlich öffentlichen — Diskussionen über die Zukunft der FH Joanneum beteiligen.