chairman burdaImage by couchpotatoes via Flickr

Ich möchte mich nicht lange mit der Debatte um Leistungschutz (= Raubritterzoll für Verlage) und Schutz der Journalisten vor Google (= Sicherung ihres Gatekeeper-Anspruchs) beschäftigen. Ich glaube, dass dort intellektuell wenig interessante Nachhutgefechte geführt werden—so wichtig es ist, dass die Freiheit im Netz nicht weiter eingeschränkt wird. Der VDZ, der DJV und ihre Vorsitzenden haben ein ganz schlichtes materielles Interesse, und dafür treten sie ein wie seinerzeit Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Ruhr für die Erhaltung des unwirtschaftlichen Bergbaus. Da man nicht gut sagen kann, dass man von der Gesellschaft geschützt und subventioniert werden möchte, weil man sich nicht umstellen kann oder will, beruft man sich auf höhere Ziele: damals an der Ruhr auf die Sicherung der nationalen Energieversorgung, heute auf die unersätzliche Funktion des Journalismus in der Demokratie. Und damit das Ganze medial richtig hochgekocht werden kann, macht man—mit Vorliebe ausländische—Feinde aus: damals die Ölscheichs, heute Google—die Datenkrake, wie sie das zeitgenössische Wörterbuch der Gemeinplätze bezeichnet.

Mir fällt diese Sommerloch-Debatte ein, weil ich gerade die Vorversion einer (von mir betreuten) Diplomarbeit Birgit Bröckels über journalistische Aspekte der Suchmaschinenoptimierung lese. Birgit Bröckel beschäftigt sich im Detail damit, wie eine Journalistin Texte so redaktionell bearbeiten kann, dass die Benutzer sie via Suchmaschine auch finden. Sie resümiert:

Suchmaschinenoptimierung ist Useroptimierung.

Diese Arbeit—übrigens im Auftrag eines Verlags geschrieben—zeigt, was Google tatsächlich mit journalistischen Angeboten tut: Mit allen Mitteln und einer ständig weiterentwickelten Technik herauszufinden, welche von ihnen am besten eine Frage beantworten, die die User haben. Suchmaschinen gehen dabei subtil vor, wie jeder merkt, der sich etwas mit Suchmaschinenoptimierung beschäftigt. Dass Google zur Killerapplikation (Hubert Burda) geworden ist, liegt nicht an einem Bündnis mit dunklen Mächten, sondern daran, dass es so objektiv ist und—bei aller möglichen Kritik—sicher unabhängiger von Anzeigenkunden ist als die Verleger, die sich jetzt zu Hütern der Pressefreiheit erklären.

Wenn einstürzende Medienhäuser gegen Google kämpfen, meinen sie die Autonomie der Nutzer: Google ist vor allem ein Instrument, mit dem sie gezielt Fragen stellen können. Was die Verlage stört—und was sie im Netz tatsächlich überflüssig macht— ist, dass sich die Nutzer ihre Informationsangebote selbst zusammenstellen können. Hubert Burda, der es besser weiß, ist nicht dafür zu beneiden, dass er in der FAZ für seinen Verband schreiben muss:

Verlage […] brauchen die Sicherheit, dass ihnen das ausschließliche Recht auf Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe und öffentliche Zugänglichmachung für Presseerzeugnisse zusteht, und das muss auch für digitale Medien gelten.

Mit derselben Logik (es war immer so …) hätten die Eisenbahnen fordern können, Autostraßen und Flughäfen zu verbieten, um das auschließliche Recht zu behalten, Menschen und Güter über weitere Strecken zu transportieren.

Google wird für seine Leistungen bezahlt—weil Menschen auf die Anzeigen klicken, die Google ihnen aufgrund seiner Technologie gezielter anbieten kann, als das bei traditioneller Werbung möglich ist. Google verdient viel Geld, weil die Nutzer seiner Technologie trauen—wer daran etwas ändern, also: mitschneiden, möchte, sollte sich auch auf anderen Gebieten dafür aussprechen, Erfolg zu bestrafen. Wenn die deutschen Verleger Google als ein Risiko für die Transparenz im Netz (Hubert Burda) ansehen—warum gründen sie nicht selbst eine Suchmaschine, die dank des Engagements ihrer Betreiber für objektive Information transparenter und benutzerfreundlicher arbeitet als Google? Gerade Burda zeigt mit fitter.de, dass es hier Potenziale jenseits von Google gibt. Die VDZ-Suchmaschine als Google-Alternative (News-Suche sponsored by DJV …): Damit könnten die Verleger sogar die Piratenpartei hinter sich bringen!

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2 Kommentare zu “Vorschlag an Burda und Konken: Macht endlich selbst eine Suchmaschine!

  1. „Suchmaschinenoptimierung ist Useroptimierung.“
    Genau das wird einigen konservativen Journalisten in den Augen brennen. Online Journalisten bzw. Autoren, die suchmaschinenfreundliche Texte verfassen, überlegen die ganze Zeit: Welche Themen interessieren die Menschen, was suchen sie gerade und wie kann ich diese Informationen am besten zusammentragen und so verpacken, dass sie gefunden wird.
    Vorher war es der Weg vom Sender zum Empfänger.
    Jetzt musst der Sender sich fragen, was der Empfänger eigentlich will und darf es sich nicht aussuchen.

  2. Suchmaschinenoptimierung ist journalistischer Alltag. Ich hoffe, dass auch bald die alteingesessenen Journalisten verstehen werden, dass Feature-Titel nicht mehr zeitgemäß sind.
    Weiter liegt in der SEO eine große Chance: Neue Leser gewinnen, die sich für das Thema interessieren. Wenn die über Google und Co. kommen, solls mir recht sein.

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