Morgen und am Montag wird das neue Fachhochschulkollegium der FH Joanneum gewählt. Ich war in der vorletzten Wahlperiode Mitglied des Kollegiums und habe mich jetzt entschieden wieder zu kandidieren. Das neue österreichische Fachhochschul-Studiengesetz macht das Kollegium zu einem schlankeren und wohl auch effizienteren Gremium. Der Einfluss der Vertreter des Lehr- und Forschungspersonals—für einen dieser Sitze kandidiere ich—ist größer als bisher. Die Aufgaben des Kollegiums werden im Gesetz festgelegt; es ist vor allem für die Organisation und die Qualität der Lehre verantwortlich.

Die Ziele, die ich im Kollegium verfolgen möchte, hängen eng mit Themen zusammen, mit denen ich mich auch in Lehre und Forschung beschäftige: Veränderungen von Firmen und Organisationen durch das Netz und Transparenz.

Ich möchte dazu beitragen,

  • dass die FH eine Kultur der Innovation entwickelt und
  • dass alle wichtigen Vorgänge transparent stattfinden.

Kultur der Innovation

Die Hochschulen werden sich wie alle anderen Bildungseinrichtungen in den kommenden Jahren radikal verändern. Es werden ähnliche Prozesse stattfinden wie in der Musikindustrie und in der Verlagsbranche: Das Netz macht alte Geschäftsmodelle (in diesem Fall: Lern- und Lehrmodelle) sinnlos und bringt neue und neuartige Teilnehmer auf den Markt. Bildungsangebote werden schon bald global verfügbar sein und miteinander verglichen werden. Stanford-Kurse werden bereits online angeboten.

Fachhochschulen haben in dieser Situation die Chance, Vorreiter neuer Bildungs-, Wissens- und Lernformen zu sein. Dazu müssen sie aber selbst innovativer werden und ihre eigenen Strukturen verändern. Lernende und Lehrende brauchen Freiräume, in denen sich Neues evolutionär entwickeln kann—ein Vorbild dafür sind die 20%-Projekte bei Google. Schnelle Innovationen erfordern eine offene interne Kultur, in der wir vernetzt arbeiten und nicht in auf Jahrzehnte festgeschriebenen Rollen agieren. Wir müssen uns von einem Modell der Lehre verabschieden, bei dem der Lehrende vor allem ein Wissender ist, der sein Wissen an die Studierenden weitergibt; stattdessen sollten die Lehrenden die Lernenden bei selbstgesteuerten, vernetzten Lernprozessen unterstützen. Experimente und neue Ideen müssen durch immaterielle und auch durch materielle Anreize gefördert werden.

Das Fachhochschulkollegium kann bei diesem kulturellen Wandel eine wichtige Rolle spielen, weil es für die Organisation der Lehre und für die Entwicklung neuer Lehrangebote und Studiengänge verantwortlich ist. Zu solchen Innovationsprozessen möchte ich beitragen und dabei Erfahrungen aus den Bereichen einbringen, die ich kenne, also den sozialen Medien und der Entwicklung des Webs.

Transparenz

Für die FH Joanneum ist wie auch für andere österreichische Fachhochschulen eine spezifische Ambivalenz charakteristisch: Sie ist einerseits eine Hochschule, die nach akademischen Regeln arbeitet, und andererseits eine GmbH, die von vielen immer noch als „Firma“ bezeichnet wird. Im Gegensatz zu anderen Firmen wird sie dabei politisch—und das heisst auch: parteipolitisch und von einem Beamtenapparat—gesteuert und kontrolliert.

Diese dreifache Natur—Hochschule, Firma, öffentliche Einrichtung—kann als Bremse benutzt werden: Jeder Impuls kann dadurch erstickt werden, dass im Zweifelsfalls gesagt wird, was in einer Hochschule, einer Firma oder in einer steirischen Landesgesellschaft eben nicht möglich ist. Die besondere Natur der Fachhochschulen kann aber auch Innovationen beschleunigen, weil sich Ideen tatsächlich und schnell umsetzen lassen, wenn alle Komponenten zusammenspielen.

Ich glaube, dass sich die Potenziale dieser Ausgangssituation am besten nutzen lassen, wenn die FH so transparent wie möglich agiert, und zwar nach innen und nach außen. Das Kollegium sollte dabei mitwirken, dass Lehre und neue Angebote in einem Dialog mit allen intern und extern Betroffenen und Beteiligten und auch in Crowdsourcing-Prozessen entwickelt werden. So kann das Wissen von Internen und auch Externen so gut wie möglich genutzt werden kann. Ich würde gerne dabei mitwirken, mehr interne und externe Öffentlichkeit für die Arbeit der Hochschule herzustellen—mit dem Ziel, die Qualität und die Nähe zur Praxis zu vergrößern.

Warum schreibe ich das hier in meinem Blog? Einerseits: weil ich noch kein passendes internes Forum gefunden habe. Andererseits: weil die Themen, die ich angesprochen habe, nicht nur Themen der FH Joanneum sind. Ein Blog dient auch dazu, der Öffentlichkeit über die eigene Arbeit zu erzählen, und zur Arbeit gehört die Institution, in der man tätig ist.

2 Kommentare zu “Warum ich für das Kollegium der FH Joanneum kandidiere

  1. finde das gescheit & richtig, und wirst Du das als Namensliste, oder Links – Rechts – Oben – Unten – Pirat – Grün – oder „echt Öko“, mehr nach Keynes oder mehr an Hayek angelehnt oder … „anlegen“?
    Jedenfalls ein trefflich dazu passender Spruch:
    „Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher und die Gescheiten so voller Zweifel sind.“ (Bertrand Russell)
    Und Du Deinen Zweifel das anzugehen endlich überwindest, Du wirst ohne jeden Zweifel eine substantielle Bereicherung der Gremien darstellen!

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