Wenn andere Männer in meinem Alter wollen, dass stundenlang nichts passiert, gehen sie wahrscheinlich angeln. Ich beschäftige mich dagegen damit, Open Source Software auf einem Mac zu installieren. Hier ein Bericht über eine Plone-Installation, die mich insgesamt fast einen Tag beschäftigt hat — nicht zuletzt, weil ich nicht gründlich genug gegoogelt habe, um Hilfen zu finden.

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Für das PolitCamp, das im Frühjahr stattfindet, wünsche ich mir einen Diskussionsstrang zum Verhältnis von Expertentum und Politik. Wie das Wissen erzeugt, diskutiert und validiert wird, das politischen Entscheidungen zugrundeliegt, kann und sollte sich durch soziale Medien und social information management ändern. Problematisch dürfte dabei nicht so sehr sein, wie Wissen publiziert, sondern wie es validiert wird, wie sich verhindern lässt, dass die wisdom of the crowds zu willkürlichen Augenblicksentscheidungen führt.

Einen Ansatzpunkt für solche Diskussionen habe ich über Howard Rheingolds Bookmarks gefunden: den Artikel Wikipolitics der amerikanischen Juristin Beth Simone Noveck. Sie beschäftigt sich damit, wie offene Communities von kompetenten Bürgern durch Online-Zusammenarbeit politische Entscheidungen vorbereiten können. Solche Communities könnten — und sollten — an die Stelle der geeschlossenen Gremien von berufenen Fachleute treten, die heute die Weichen für einen großen Teil der politischen Entscheidungen stellen. Zitat:

Now, however, new technology may be changing the relationship between democracy and expertise, affording an opportunity to improve competence by making good information available for better governance.

Beth Simone Noveck bezieht sich dabei auf Philip Tetlock, der die Ansprüche von als Experten agierenden politischen Beratern, Aussagen über die Zukunft machen zu könne, demontiert hat:

In his award-winning book On Political Judgment, social psychologist Philip Tetlock analyzed the predictions of those professionals who advise government about political and economic trends. Pitting these professional pundits against minimalist performance benchmarks, he found "few signs that expertise translates into greater ability to make either ’well-calibrated’ or ’discriminating’ forecasts." It turns out that professional status has much less bearing on the quality of information than we might assume, and that professionals ’whether in politics or other domains’ are notoriously unsuccessful at making informed predictions.

Die Alternative bezeichnet sie als collaborative governance:

… we want to design practices for „collaborative governance,“ shared processes of responsibility in information-gathering and decision-making that combine the technical expertise of public experts with the legal standards of professional decision-makers. There are plenty of people with expertise to share if their knowledge can successfully be connected to those decision-makers who need it. It is not necessary to pre-select authenticated and known professionals when structures can be put in place to ensure that informational inputs are discernable, specific, well-labeled, and easy to search, sort, and use.

Als Beispiel dafür, wie eine solche Community arbeiten kann, beschreibt sie, wie im amerikanischen Patentwesen in einem offenen Prozess geklärt wird, ob für Entwicklungen, für die ein Patent beansprucht wird, prior art vorliegt.

Interessant ist dabei u.a. dass ein Verfahren festgelegt wurde, um sicherzustellen, dass die Mitwirkung der Community nicht zu juristisch problematischen und/oder unsachlichen Entscheidungen führt. In diesem Fall ist die Mitwirkung darauf beschränkt, Informationen in das Verfahren einzubringen, die von wenigen Experten nicht erhoben werden könnten. Der eigentliche Entscheidungsprozess ist Angelegenheit von dazu legitimierten Personen. Manche mögen das für übervorsichtig halten; tatsächlich ist damit aber dem Gegenargument, Wiki-artige Prozesse führten zu Willkürentscheidungen, der Boden entzogen. Umgekehrt dürfte in vielen Bereichen das Problem gerade darin bestehen, Wissen in Entscheidungsprozesse einzubringen, insbesondere wenn es Positionen von Interessengruppen in Frage stellt.

Was der Artikel auch deutlich macht: Man ist hier schnell auf einer sehr grundsätzlichen Ebene, es geht um Themen wie das neuzeitliche Politikverständnis und die Rolle der Bürokratie bzw. um die Voraussetzungen und Folgen von bürokratischer oder technokratischer Herrschaft. Wenn so etwas wie Wikipolitik durchsetzbar ist, bricht man mit einem jahrhundertelangen Prozess der Professionalisierung, Verwissenschaftlichung und Bürokratisierung von Politik. Um darüber auf dem PolitCamp diskutieren zu können, müsste man auch Fachleute z.B. für Wissenssoziologie und für die Entwicklung des modernen Staates hinzuziehen.

Liest man einen Begriff wie Wikipolitik, stellen sich schnell idyllische, prämoderne Vorstellungen von einer sich selbst verwaltenden überschaubaren Gemeinschaft ein. Tatsächlich steht man, wenn man einen solchen Begriff positiv verwendet, auch in rätedemokratischen bzw. anarchistischen Traditionen. Es gibt aber Motive dafür, eine Wikipolitik zu fordern, die mit der älteren Kritiken an der repräsentativen Demokratie wenig zu tun haben, wenn sie ihnen auch nicht widersprechen dürften. Es geht darum, die Möglichkeiten des Web zu nutzen, um in einer überkomplexen, also grundsätzlich nicht mehr überschaubaren Gesellschaft überhaupt informiert politisch zu agieren. Möglicherweise lassen sich heute nur über webgestützte kollaborative Prozesse und dezentral Informationen in politische Entscheidungsprozesse einspeisen, ohne die diese zu einer reinen Selbstfortsetzung bürokratischer Administration mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen bzw. Farbcodes degenerieren.