Eine der neuesten Folgen von Outreach + Optimism dokumentiert die Haltung vieler gutwilliger Akteure hinter dem Pariser Abkommen. Sie zeigt aber auch, wie sehr die evil actors unterschätzt wurden, die dieses Abkommen seitdem aktiv bekämpfen – mit viel mehr Erfolg als die Klimabewegung, die sich auf dieses Abkommen beruft.

Zu den Podcasts, die ich regelmäßig höre, gehört Outrage + Optimism. Zwei der drei Hosts dieses Podcasts, nämlich Christiana Figueres und Paul Dickinson, waren direkt und maßgeblich am Pariser Klima-Abkommen (UNFCC 2015) beteiligt. In einer der letzten Folgen (Figueres, Dickinson, and Rivett-Carnac 2025) blicken sie nach zehn Jahren auf das Abkommen zurück und ziehen eine Bilanz seiner Folgen.

Im Podcast fassen Figueres und Dickinson die Hauptpunkte des Abkommens zusammen. Sie sehen es als einen Erfolg des Vertrags an, dass die Zunahme der Treibhausgas-Emissionen wenigstens begrenzt wurde – auch wenn es seitdem nicht gelang die Emissionen zu verringern oder wenigstens zu stoppen.

Evil Actors: Fossilunternehmen und nationalistische Parteien

Die drei Hosts des Podcasts – außer Figueres und Dickinson auch Tom Rivett-Carnac – beschönigen die Entwicklung der Klimapolitik seit 2015 nicht. Sie machen für den Climate Backlash (Mance 2023) seitdem zwei Gruppen von Akteuren verantwortlich: in erster Linie die fossilen Energieunternehmen und in zweiter Linie die nationalistischen Parteien, die eine internationale Kooperation zum Bremsen der Klimakrise ablehnen. Sie stellen fest, dass die fossilen Energieunternehmen seit 2015 alles in ihrer Macht Stehende unternommen haben, um eine Dekarbonisierung des Energiesystems zu verhindern. Der bisherige Tiefpunkt dieser Entwicklung war, dass die enormen Gewinne durch die Öl- und Gaspreissteigerungen nach der russischen Vollinvasion der Ukraine 2022 zu großen Teilen in die weitere fossile Expansion investiert wurden. Damit hätte sich eindeutig erwiesen, dass es sich bei diesen Unternehmen um evil actors handelt.

Das Scheitern der internationalen Kooperation

Die Folge zeigt sehr deutlich, wie sehr sich die Bedingungen für Klimadiplomatie, Klimaaktivismus und Klimapolitik seit 2015 verändert haben. Man kann – vielleicht etwas zu unhistorisch – Vermutungen darüber anstellen, wie naiv es 2015 war, die unmittelbar bevorstehenden Veränderungen der internationalen Situation nicht vorauszusehen. Die Fehleinschätzungen der Klimadiplomatie von 2015 erinnern an die verbreitete Fehleinschätzungen der Entwicklung in Russland nach der Invasion der Krim 2014 durch viele in der europäischen Politik und das Unterschätzen der Trump-Bewegung in den USA durch das Establishment der democratic party.

Man kann diese Podcastfolge selbst als ein historisches Dokument verstehen: als Dokument der Veränderung vom Pariser Abkommen zur gegenwärtigen Situation. Dann erkennt man, dass um 2015 der Glaube an die internationale Kooperation zur Behebung weltweiter Krise ein wichtiger historischer Faktor war. Man konnte begründet hoffen, dass durch Zusammenarbeit aller, vor allem aller großen Nationen globale Entwicklungen gesteuert werden können.

2025 ist offensichtlich, dass es diese Welt nicht mehr gibt. Die Klimadiplomatie bemüht sich nicht mehr um Lösungen und Abkommen zwischen im Prinzip gutwilligen Akteuren, sondern sie hat es mit bösartigen Akteuren zu tun, die nicht auf Kooperation ausgerichtet sind. Russland agiert als eindeutig imperialistischen Staat, der sich eng mit anderen fossilen Tyranneien wie Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten abstimmt. Die USA haben – nicht nur wegen Trump – einen ähnlichen Weg eingeschlagen. Dabei sind auch diese Unterschiede zu 2015 auf die Macht und die Politik der fossil-industriellen Komplexe zurückzuführen, die die russische imperiale Politik finanzieren und ohne die die Trump-Bewegung vermutlich nicht wieder an die Macht gekommen wäre. Die USA sind inzwischen der weltweit größte Erdgasproduzent.

Wenn man überlegt, wie schnell sich die geopolitische Situation nach 2015 verändert hat, kann man vielleicht noch weiter gehen und fragen, ob das Pariser Abkommen nicht einer der Hauptgründe für die Erosion und dann die Ausschaltung der sogenannten „regelbasierten internationalen Ordnung“ danach war. Das Zusammenwirken internationaler Organisationen und tonangebender westlicher Demokratien bei einem Vertrag, der die Existenz des fossilen Energiesystems in Frage stellte, führte zum Angriff auf die internationalen Organisationen und auf demokratische Institutionen wie Wissenschaft und Medien mit journalistischen Standards.

Für die drei Hosts dieses Podcasts sind die Öl- und Gasunternehmen die wichtigsten evil actors. Sie glauben an einen Kapitalismus ohne fossile Energien und sie engagieren sich dafür. Ich teile diesen Optimismus nicht. Die Öl- und Gasindustrie ist – wie Éric Pi­neault und viele andere gezeigt haben – ein Teil eines auf Kapital-Akkumulation und Extraktion angelegten Wirtschaftssystems, der nicht ausgewechselt werden kann, ohne dieses System radikal zu verändern.

Nachweise

Figueres, Chistiana (Host), Paul Dickinson (Host) and PaulRivett-Carnac (Host). 2025. “How Big Oil Is Holding Back Progress on the Paris Climate Agreement.” Audio Podcast Episode. “Outrage + Optimism: The Climate Podcast”. Outrage + Optimism. Persephonica. https://shows.acast.com/outrage-optimism/episodes/how-big-oil-is-holding-back-progress-on-the-paris-climate-ag.
Mance, Henry. 2023. “Friederike Otto: ‘The Climate Backlash Is the Last Attempt by Those Who Don’t Want Change’.” Financial Times, December 4, 2023, sec. The Henry Mance Interview. https://www.ft.com/content/833efee2-4de4-4b17-a0e8-2c8b583689bb.
UNFCC. 2015. “Paris Agreement.” https://unfccc.int/documents/184656.

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