"Wir kämpfen nicht für die Natur—wir sind die Natur, die sich verteidigt." Plakat in Notre-Dame-des-Landes, Quelle: https://reporterre.net/Nous-ne-defendons-pas-la-nature-nous-sommes-la-nature-qui-se-defend
„Wir kämpfen nicht für die Natur—wir sind die Natur, die sich verteidigt.“ Plakat in Notre-Dame-des-Landes, Quelle: https://reporterre.net/Nous-ne-defendons-pas-la-nature-nous-sommes-la-nature-qui-se-defend

Seit dem Beginn des Corona-Lockdowns schreibe ich nicht viel. Ich weiss nicht, ob der Lockdown die Ursache für die Schreib-Probleme ist. Wahrscheinlich hat er dazu geführt, dass ich mehr lese als sonst. Was ich gerade lese, führt bei mir zu einer Umorientierung, die nicht abgeschlossen ist (und auch nicht mit dem Lockdown begonnen hat). Deshalb bringe ich auch kurze Texte nicht zuende.

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Welche Social Tipping Interventions (STIs) können den Übergang zur Hothouse Earth weniger wahrscheinlich machen? Eine neue Studie, u.a. von John Schellnhuber und Johan Rockström, verwendet aus der Klimaforschung bekannte Methoden der Analyse von Forschungsergebnissen, um sie herauszufinden.

Social tipping elements (STEs) and associated social tipping interventions (STIs) with the potential to drive rapid decarbonization in the World–Earth system. The processes they represent unfold across levels of social structure on widely different timescales, ranging from the fast dynamics of market exchanges and resource allocation on subannual timescales to the slow decadal- to centennial-scale changes on the level of customs, values, and social norms. Quelle: https://doi.org/10.1073/pnas.1900577117
Social tipping elements (STEs) and associated social tipping interventions (STIs) with the potential to drive rapid decarbonization in the World–Earth system. The processes they represent unfold across levels of social structure on widely different timescales, ranging from the fast dynamics of market exchanges and resource allocation on subannual timescales to the slow decadal- to centennial-scale changes on the level of customs, values, and social norms. Quelle: https://doi.org/10.1073/pnas.1900577117

Identifiziert wurden:

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Ich beschäftige mich noch mit den Inhalten des Vortrags von Dieter Gerten über die planetaren Grenzen. Für mich ist er auch ein Anlass, meine eigene Tätigkeit als Lehrender an einer wirtschaftsorientierten Fachhochschule in Frage zu stellen.

Die Indikatoren für das Anthropozän

Gerten verweist auf den zentralen Aufsatz The trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration aus dem Jahre 2015 (PDF-Download hier). In diesem zusammenfassenden Text werden eine Reihe von Indikatoren für soziale Veränderungen seit dem Beginn der Industrialisierung mit einer Reihe von Indikatoren für Veränderungen im Erdsystem verbunden. Die Schlussfolgerung ist, dass wir seit etwa 1950 die Periode, die man als Holozän kennt, verlassen haben. Durch menschlichen Einfluss hat sich das Erdsystem schon jetzt tiefgreifender verwandelt als beim Übergang zum Holozän, also zu einer für die menschliche Zivilisation, wie wir sie kennen, günstigen planetaren Umwelt. Die Grafiken mit den verschiedenen Indikatoren sind oft publiziert worden (verschiedene Versionen hier).

The Great Acceleration. Grafik von Félix Pharand-Deschênes (Globaïa) nach Steffen, W., Broadgate, W., Deutsch, L., Gaffney, O., & Ludwig, C. (2015). The trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration. The Anthropocene Review, 2(1), 81–98. https://doi.org/10.1177/2053019614564785
The Great Acceleration. Grafik von Félix Pharand-Deschênes (Globaïa) nach Steffen, W., Broadgate, W., Deutsch, L., Gaffney, O., & Ludwig, C. (2015). The trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration. The Anthropocene Review, 2(1), 81–98. https://doi.org/10.1177/2053019614564785
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Gestern Abend habe ich mir—wie von Stefan Münz empfohlen—die jung & naiv-Folge mit Maja Göpel angesehen. Das Video ist sehr dicht, und ich würde vielen Hinweisen zur Nachhaltigkeitsforschung gerne weiter nachgehen. Mich erstaunt, wie stark jemand wir Maja Göpel in Deutschland in die Definition der Politik involviert ist. Ich finde sehr interessant, wie sie Nachhaltigkeits- und Kreislaufwirtschafts-Themen mit dem offiziellen wissenschaftlichen und technokratischen Diskurs verbindet. Ich bin gespannt, ob das Drahtseil, auf dem sie tanzt, noch lange gespannt ist. Vielleicht bin ich aber nur selbst zu weit entfernt von einer akademischen und politischen Diskussion über Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die tatsächlich politische Konsequenzen hat.

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In welchem Ausmaß sind die Erfolge von Nationalisten in den letzten Jahren auf gezielte Manipulation mit sozialen Medien zurückzuführen? Wie lässt sich die Behauptung, dass solche Manipulationen eine große Rolle gespielt haben, belegen?

Ich habe keine Antwort auf diese Fragen. Ich stoße immer wieder auf Mosaiksteinchen einer Antwort, aber sie geben kein einheitliches Bild. Ende des letzten Jahres habe ich Network Propaganda gelesen—für mich der bisher aufschlussreichste Text zu diesem Thema. So wie ich ihn verstehe, ist das Ergebnis, dass für den Erfolg Trumps in den USA die Manipulation über soziale Medien nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. (Dazu passen die Ergebnisse von Eszter Hargittai und Keith Hampton, über die ich schon gebloggt habe.)

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Nur Nationen mit inklusiven politischen und wirtschaftlichen Institutionen leben dauerhaft im Wohlstand. Aus dieser These von Daron Acemoğlu und James A. Robinson lässt sich für die Netzpolitik viel lernen. Sie liefert eine pragmatische und utilitaristische Begründung dafür, ein pluralistisches Netz zu fordern und dort gegen politische und wirtschaftliche Oligarchien zu kämpfen.

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Spätestens seit den Enthüllungen Edward Snowdens ist Evangelismus für das Netz bittersüß. Wenigstens hier in Europa ist die Angst vor dem Missbrauch von Daten meist größer als die Hoffnungen, die in ihre Verarbeitung gesetzt werden.

Ich habe mich selbst immer wieder skeptisch über Datenschutz und Datenschützer geäußert. Das heißt aber nicht, das ich nicht auch skeptisch gegenüber der unkontrollierten und nicht transparenten Sammlung von Daten bin.

Ich halte den Datentotalitarismus für eine der schlimmsten Gefahren des beginnenden digitalen Zeitalters. Aber ich glaube nicht, das man ihn durch einen Datenfundamentalismus wirkungsvoll bekämpft. Continue reading

Die Kleine Zeitung hat zum ersten Mal einen der längeren Artikel Ernst Sittingers über die FH Joanneum in ihre Online-Ausgabe aufgenommen: Fachhochschul-Wirbel: Rektor zwischen Fronten. Damit ist er nicht nur dauerhaft öffentlich zugänglich archiviert, sondern auch verlinkbar und online diskutierbar. Allerdings sind Kommentare in der Kleinen selbst auf 1000 Zeichen beschränkt.

Kaum einem steirischen Politikern und auch nur wenigen an unserer Hochschule dürfte bewusst sein, dass durch Online-Publikationen eine neue Form der öffentlichen Diskussion möglich wird, die nicht von dem leicht kontrollierbaren Zugang zu dem beschränkten Platz in der gedruckten Zeitung abhängig ist. Leider machen die Betroffenen davon kaum Gebrauch. Wie ungewohnt diese Form der Öffentlichkeit ist, zeigen Kommentierer, die bedauern, dass die Diskussion überhaupt öffentlich geführt wird. Dabei demonstriert der Inhalt des Artikels, wie wichtig Öffentlichkeit wäre, damit Entscheidungen (in diesem Fall immerhin über eine der größten österreichischen Fachhochschulen) transparent und sachgerecht getroffen werden:

Ernst Sittinger hat die für die FH zuständige steirische Landesrätin Bettina Vollath zu einem fünfseitigen Brief befragt, den der Rektor der FH […] an den österreichischen Fachhochschulrat geschrieben hat, und in dem er die Unhaltbarkeit seiner eigenen Position (einerseits gewählter Vertreter des FH Kollegiums, andererseits weisungsgebundener Geschäftsführer) erläutert (Details im Artikel Ernst Sittingers). Die Antworten der Landesrätin sind ein Musterbeispiel für den politischen Versuch, Verantwortung zu verschieben, Sprachregelungen vorzunehmen und dabei auch wahrheitswidrige Behauptungen nicht zu scheuen. Der Rektor hat sehr wohl versucht, vor seinem Brief ein Gespräch mit der Landesrätin zu führen; ein Termin mit ihrem Referenten fand statt. Grund für den Schlamassel an der FH ist nicht eine unklare Rechtslage (GmbH-Recht versus Fachhochschulrecht), sondern der Unwille der Landesregierung und des FH-Aufsichtsrats, Forschung und Lehre an der FH Joanneum auch nur ein Minimum an Selbstbestimmung zuzuerkennen. Man möchte die FH nach außen mit dem Titel Hochschule schmücken und verwendet nach innen die GmbH-Strukturen, um die FH wie einen bürokratisierten Staatsbetrieb zu führen. Da lässt sich dann zum Beispiel Kritikern leicht mit der Keule des betriebsschädigenden Verhaltens drohen.

Die FH Joanneum ist eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte Hochschule (wobei in Österreich übrigens der Bund 90% der Kosten jedes Studienplatzes deckt und die Kommunen die FH-Infrastruktur stellen; das Land, das die die FH kontrolliert, finanziert sie nur zu einem kleinen Teil). Es gibt keinen Gund dafür, dass Prozesse an einer solchen Institution nicht auch öffentlich diskutiert werden — wie sollen die Wähler sonst bei den nächsten Wahlen beurteilen, wie die Politiker mit ihren Mandaten umgegangen sind? Die tröpfelnde Diskussion über Ernst Sittingers Artikel zeigt, wie zögernd die neuen Formen der Öffentlichkeit, die das Web bietet, auf der regionalen und lokale Ebene angenommen werden. Aber sie ist ein Signal dafür, dass man politischen Sprachregelungen sofort und auf derselben Plattform widersprechen kann.

(Anmerkung, 13.4.2010: An der mit Auslassungszeichen versehenen Stelle wurde ein Name entfernt.)