Gestern befasste sich das Arbeitsgericht zum ersten Mal mit der

Ich bin in dieser Geschichte nicht unparteiisch. Ein Teil des Gifts, das gestern wieder verspritzt wurde und das heute in der „Presse“ weiter verspritzt wird, soll meine Reputation schädigen. Umgekehrt will ich—wie meine Vorgesetzten—nicht weiter eskalieren und einen Vergleich nicht behindern.
Ich halte mich deshalb zurück und äußere mich nur, weil mir Michael Fleischhacker in seiner Antwort an Heinz Fischer vorhält:

Eine Kampagne ist das, was Dein Kollege Heinz Wittenbrink auf seinem Weblog veranstaltet. Aber das ist in Ordnung, ich nehme an, bei Euch lernen die Studenten, dass das Web seine eigenen Gesetze hat.

Fleischhackers Angriff wirft für mich zwei Fragen auf:

  1. Wann werden Online-Publikationen von Beteiligten, die ihre Standpunkte offen vertreten und sich gegen andere Darstellungen wehren, eine Kampagne?
  2. Findet Printjournalismus, etwa in der Presse, jenseits der Niederungen der interessengeleiteten Kommunikation statt?

Ich kann diese Fragen hier nicht beantworten. Sie betreffen Grundlagen des Journalismus und der Online-Kommunikation. In einer Diskussion würde ich versuchen, folgende Position zu vertreten:

  1. Online-Publikationen, Äußerungen im Web, sind situiert, sie gehören in einen Kontext, drücken Interessen aus wie Publikationen und Äußerungen in anderen Medien auch. Zu einer Kampagne im negativen Sinn des Worts werden sie, wenn sie Informationen und Gegenstandpunkte bewusst verschweigen oder falsch darstellen, also auf etwas anderes als eine dialogische Klärung von Sachverhalten abzielen. Umgekehrt ist es gerade online möglich, dass alle Beteiligten zu Wort kommen und sich jeder Interessierte selbst ein Bild machen kann. Online-Medien sind tendenziell transparenter und weniger kontrollierbar als die alten Massenmedien. Wegen ihrer Unkontrollierbarkeit warnen manche Fachleute für Online-PR davor, überhaupt von Social Media-Kampagnen zu sprechen.
  2. Professionelle Journalisten haben keinen privilegierten Zugang zur Wahrheit, die journalistische Kunst, von der Fleischhacker spricht, ist ein Mythos. Die technischen und wirtschaftlichen Zwänge der alten Massenmedien, die von Journalisten bedient werden, zwingen dazu, Informationen in einem hohen Maß zu verdichten und zugleich zu popularisieren. Journalisten manipulieren nicht weniger, sondern mehr als andere Kommunizierende. Sie werden ihrerseits leichter und lieber manipuliert als andere, weil sie oft für Leute sprechen sollen, die selbst nicht sprechen wollen, und weil sie zu einem Publikum sprechen dürfen, das selbst nicht sprechen kann (besser: nicht konnte, bevor es das Web gab).

Zurück zu den Angriffen auf unseren Studiengang: Die Studierenden, meine Kollegen und ich selbst—wir haben uns bisher bei Publikationen im Netz sehr zurückgehalten. Wir haben nie versucht, Leute, die andere Positionen vertreten, juristisch oder durch anderen Druck daran zu hindern sich zu äußern. Wer uns kritisieren will, kann dies tun—z.B. in Kommentaren zu unseren Blogs oder auch auf Facebook. Wer das als Kampagnen beschimpft, fürchtet die offene Kommunikation. Immer deutlicher wird: Die Angst vor Transparenz und Kritik ist der Ursprung dieses ganzen shitstorm.
Michael Fleischhacker macht in seiner Antwort auf Fischer schlechte PR statt guten Journalismus. Der Chefredakteur/Geschäftsführer stellt sich vor Mitarbeiter seines Unternehmens, aber ohne Argumente. Ein Minimum an Recherche hätte ergeben, dass M.B. selbst dem Wissenschaftsministerium genau die Dokumente zugeschickt hat, die jetzt der Presse vorliegen, und damit eine Kampagne gestartet hat. Sie hätte auch ergeben, dass er nachträglich behauptet, für seine Kritik am Aufnahmeverfahren des Studiengangs gekündigt worden zu sein, obwohl er in diesen Unterlagen feststellt, dass er von den angeblichen Unregelmäßigkeiten nichts gewusst hat. Ein Minimum an Transparenz hätte den Lesern der Presse nicht verschwiegen, dass der Artikel von einem guten Bekannten des Betroffenen mitverfasst wurde.
Das alles mag in Ordnung sein. Unsere Studenten lernen jedenfalls, dass die Presse ihre eigenen Gesetze hat.
(Bemerkung: Ich habe bewusst nicht vor dem Gerichtstermin gestern auf Michael Fleischhackers Replik geantwortet. Ich wollte die Verhandlungsposition der FH nicht schwächen. Ich werde mich auch in Zukunft nur zurückhaltend äußern, mich aber von Drohungen mit juristischen Schritten nicht beeindrucken lassen. Wer Angst vor der Öffentlichkeit hat, soll sie nicht suchen.)
Update, 28.10.2010: Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Heinz Fischer inzwischen eingestellt.

2 Kommentare zu “Die Presse, der Shitstorm und Michael Fleischhacker

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