Gestern in der Libération gelesen:
Ich notiere mir Anna L. Tsing, deren Namen ich schon bei Latour gelesen hatte. In diesem Interview geht es um einen japanischen Pilz, der nur auf Böden wächst, die von der Zivilisation verändert worden sind. Er steht emblematisch für Lebensmöglichkeiten in den Ruinen des Kapitalismus und ist der Ausgangspunkt für Anna Tsings Buch The Mushroom at the End of the World: On the Possibility of Life in Capitalist Ruins, das auch ins Deutsche übersetzt ist.
Am Ende des Interviews spricht Anna Tsing davon, dass die Genetik heute nicht mehr von fixen, sauber voneinander getrennten Arten ausgeht:
Während die Genetik bis ins 20. Jahrhundert auf der Idee basierte, dass jede Arte eine autonome Einheit ist—Sie konnten ein Raubtier oder ein Beutetier sein, aber sonst haben die Arten nicht interagiert—untersucht beispielsweise die ökologische Biologie der Entwicklung nun die Wechselwirkungen. Es wird nicht mehr jede Art als Nachbildung des Selben aufgefasst, immer und immer wieder. Natur- und Geisteswissenschaften müssen heute stärker miteinander verflochten werden, um neue Narrative zu schaffen. (Alors que jusqu’au XXe siècle, la génétique s’appuyait sur l’idée que toute espèce était une unité autonome—vous pouviez être un prédateur ou une proie, mais les espèces n’interagissaient pas autrement—la biologie écologique du développement, par exemple, explore désormais les interactions. Chaque espèce n’est plus perçue comme une réplication du même, encore et encore. Sciences naturelles et sciences humaines doivent aujourd’hui davantage se croiser pour créer de nouveaux récits., Übers. mit Hilfe von www.DeepL.com/Translator.)
(Zur verwandten Idee des Holobionten habe ich mir schon vor längerer Zeit die Commencement Speech von Scott Gilbert notiert.)
Anna Tsing erwähnt Holocene in Fragments: A Critical Landscape Ecology of Phosphorus in Florida, in dem sich ihr Schüler Zachary Caple mit dem Übergang vom Holozän zum Anthropozän beschäftigt. Auf der Suche nach Links zu Caple komme ich wieder beim Konzept der Technosphäre an, auf das ich jetzt erst aufmerksam geworden bin.
@heinz Den “Mushroom at the End of the World” kann ich nur empfehlen, ein sehr gut recherchiertes und faszinierendes Buch
@moritz Danke für den Hinweis! Im Sommer habe ich etwas Zeit …