In diesem Blog habe ich in der letzten Zeit öfter über Wachstum und décroissance geschrieben. Aber außer in meiner Familie habe ich selten mit jemand darüber gesprochen. Beim letzten #coscamp habe ich zusammen Angelika Wohofsky eine Session zu Content-Marketing und Nachhaltigkeit moderiert. Dabei ist mir klar geworden, dass die Argumente gegen das Wachstum, mit denen ich mich seit über einem Jahr immer wieder beschäftige, für fast jeden in meinem Umfeld unbekannt und meist auch unverständlich sind. Seitdem arbeite ich an einem Text, in dem ich diese Argumente ordne und auf Fakten zu ihrer Unterstützung verweise1. Gleichzeitig frage ich mich, ob ich ideologisch argumentiere und mir eine Weltanschauung zusammenbastele—weniger persönlich formuliert: ob die radikale Kritik am Wirtschaftswachstum ideologisch ist.

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“Until recently, the platform was developed and maintained by the university’s IT department. As a
consequence, changes in structure, design or content were a painstaking process.”

Quoted from a master thesis about the content strategy of a university.

Gestern erste Ausstellungseröffnung in der Off_gallery. Wir werden sie auf der Website dokumentieren, die jetzt auch online ist (aber noch nicht eröffnet, so wie der Raum in der Griesgasse vor dem Start gestern). Wir stellen für die erste Ausstellung vor allem den Ort zur Verfügung, gemacht haben sie Kinga Tóth selbst und die Kulturvermittlung Steiermark.

Kinga Tóth in der Off_gallery Graz, 20.3.2019. Bild: Anstasija Georgi

Kinga Tóth hat den Abend auf mehreren Ebenenen und vielstimmig gestaltet, durch ihre Performance am Beginn, durch die ausgestellten Objekte—die zugleich Texte und Bilder sind—und diskursiv im Gespräch. Die Vielkanaligkeit (oder das Zurücklassen der Kanäle) und der Performance-Charakter—die Einmaligkeit der Aufführung oder Aktion—sind für ihre Art, Kunst zu machen, charakteristisch. Sie schreibt, gestaltet Sprache und gestaltet mit Sprache, und sie benutzt dabei alle medialen Dimensionen der Sprache und ein Kontinuum von der Geste und dem Laut bis zur fixierten Codierung und metasprachlichen Reflexion. Sie agiert vom spontanen Spielen mit gerade vorhandenen Objekten (z.B. der Leiter, die im Ausstellungsraum stand) bis zur politischen Aktion und Proklamation. (Zum ersten Mal gesehen habe ich Kinga Tóth bei der 60-Jahr-Feier des Forums Stadtpark, bei der sie die Situation in Österreich und in Ungarn aufeinander bezogen und präzise formuliert hat, worum es an diesem Abend ging.) Sie arbeitet auf allen Ebenen dialogisch, von der Improvisation (es waren einige Musiker da, mit denen sie zusammenarbeitet) bis zur Diskussion mit dem Publikum. Am ungewohntesten und faszinierendsten ist für mich das performative improvisierte oder situative Arbeiten mit der Sprache als Körper (sie spricht von living text bodies). Ich habe es bei ihren Vorgängern und Vorgängerinnen von den Dadaisten bis zur musique concrète nie so wahrgenommen, vielleicht weil bei Kinga Tóth die Performance-Tradition der Avantgarde mit der des Punk zusammenkommt.

Später am Abend hat Kinga Tóth Artificial Intelligence und die Sprache im Netz erwähnt. Ich finde es interessant zu überlegen, welche Beziehungen es zwischen ihrer Art eines entgrenzenden Umgangs der Sprache und den Hypertext-Konzepten z.B. von Teodora Petkova gibt, die mit Begriffen von Bahtin und Julia Kristeva beschreibt, was im Semantic Web stattfindet. Vielleicht kommen wir dazu bei dem Künstlergespräch, das für den nächsten Donnerstag geplant ist.

Off_gallery, Griesgasse 31, Foto: Erika Petrić

Wir haben heute die erste Veranstaltung in der Off_gallery in der Griesgasse. Wir sind Gastgeber für Kinga Tóth. Mit unserem eigenem Programm starten wir im Mai.

Ich mache bei diesem Projekt mit, weil ich etwas lernen möchte. Meine beiden Partnerinnen Erika Petrić und Anastasija Georgi beschäftigen sich professionell mit Architektur und Photographie. Wir wollen Architekturfotografie im weitesten Sinn ausstellen, Arbeiten, die sich mit der Erforschung von Räumen und räumlichen Situationen beschäftigen.

Was interessiert mich an diesem Projekt? Für mich gibt es zwei Ausgangspunkte: Die Lewis Baltz-Ausstellung in der Albertina vor ein paar Jahren, und die Idee des Terrestrischen, auf die ich in Bruno Latours Terrestrischem Manifest gefunden habe.

Von der Baltz-Ausstellung sind mir am intensivsten die Serien zu kalifornischen Vorstädten im Gedächtnis geblieben: Präzise Fotografien von sich endlos identisch wiederholenden weißen Eigenheimen. Behalten habe ich auch den Audruck New Topographers, das Konzept der Erfassung von Orten, dessen was jetzt so ist. Vor ein paar Jahren habe ich hier in Graz zum ersten Mal Bilder von Zita Oberwalder gesehen. Auch bei ihr hat mich fasziniert, wie sie Orte abbildet, wobei die Orte auf etwas verweisen, das sich gerade nicht abbilden lässt, das sich nicht von einem Projekt der oder des Fotografierenden trennen lassen.

Die Fotografien von Lewis Baltz, vielleicht auch von Zita Oberwalder, sind Gesellschaftsbilder, auch wenn man keine Menschen auf ihnen sieht. Sie zeigen Objekte, die zur Gesellschaft gehören, mit denen Gesellschaft stattfindet. Die Gesellschaft ist nicht einfach da, sie wird oder sie wurde gemacht. Das, was die Bilder zeigen, ist von ihr übergeblieben, ist vergangen oder auch zukünftig, weil darin und damit Gesellschaft stattfinden wird.

Terrestrisch, so verstehe ich den Begriff von Latour, ist eine Orientierung an Orten und Netzwerken, eine Vergesellschaftung, zu der nicht nur Menschen, sondern auch Objekte gehören, die Konstruktion von sozialen Beziehungen (die Beziehungen sind das Soziale), für die der Unterschied zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren von untergeordneter Bedeutung ist. Im Terrestrischen sieht Latour eine Möglichkeit zu landen (atterrir), ohne auf ein Zurück zur fingierten Welt der geschlossenen lokalen Einheiten (Nationalstaaten, Gemeinschaften) hoffen oder noch auf den linearen Fortschritt hin zu einer globalen Moderne zu vertrauen. Latour ruft dazu auf, die Verbindungen und Netzwerke zu pflegen und zu entwickeln, von denen das Leben an einem Platz abhängt, unabhängig von den hergebrachten Regionen oder Nationen. Die Orte werden durch die Verbindungen mit anderen Orten definiert, nicht durch übergreifende Einheiten.

Von unserem Projekt, der off_gallery, erhoffe ich mir, mich mit Orten aus dieser Perspektive des Terrestrischen beschäftigen zu können, etwas darüber zu erfahren, wie sie erfahren, hergestellt und —vorübergehend—gesehen werden können.