Am Samstag habe ich an der Demo Demokratie verteidigen! teilgenommen—als Ordner, um etwas mehr zu tun als nur mitzugehen. Unsere Galerie hat den Aufruf zur Demo unterstützt. Weiterlesen
Habe die Woche mit Mark Bernsteins 10 Tips on Writing the Living Web begonnen (gefunden via @zeldman@front-end.social). Ich kämpfe damit, wie ich hier schreibe—ich finde gerade schwer zu einem lockeren, Blog-gemäßen Stil. Da ist dieser alte Text eine große Hilfe.
In seiner Falter-Kolumne der vergangenen Woche zitiert Armin Thurnher Armin Wolfs Rudolf Augstein-Vorlesung. Darin sagt Armin Wolf, es sei
„… die wichtigste Aufgabe journalistischer Medien eine gemeinsame Faktenbasis bereitzustellen die wir als Grundlage für einen sinnvollen öffentlichen Diskurs über unsere gemeinsamen Angelegenheiten brauchen.“
Ich versuche jetzt seit knapp einem Jahr, die Berichterstattung einiger Zeitungen zur Klimakatastrophe zu verfolgen (also nicht die öffentlich-rechtlicher Medien, um die es Wolf vor allem geht). Mein Eindruck—eher eine Hypothese: Die einzige dieser Zeitungen, die Wolfs Anspruch gerecht wird, ist der Guardian. Bei allen anderen sind die Lücken groß—und dass sie nicht größer sind, verdanken sie zum Teil dem Guardian. Nur der Guardian erlaubt es, die vielen Dimensionen der globalen Erhitzung tatsächlich zu verfolgen. In den anderen Zeitungen, deren Klimaberichte ich regelmäßig lese (Standard, taz, Libération, Repubblica und New York Times), gibt es viele wichtige Nachrichten und Berichte, aber sie bleiben punktuell. Vielleicht bin ich ungerecht—die großen deutschen Zeitungen habe ich zum Beispiel nicht auf dem Programm. Aber die Klimaberichterstattung scheint mir noch immer nicht nur quantitativ ungenügend zu sein: Sie ist vor allem nicht vieldimensional genug.
Damit ist, wenn ich es richtig verstehe, 1,5° tatsächlich tot:
Der CO2-Gehalt der Atmosphäre wird 2024 weiter steigen, so dass die vom IPCC erarbeiteten Pfade, um das 1,5°-Ziel einzuhalten, nicht mehr eingehalten werden können. Das ergibt sich aus einer Studie des britischen Met Office, die sich auf die Daten des Mauna Loa-Observatoriums in Hawai stützt. (Die obere Grenze der Unsicherheitsbereiche dieser Pfade ist erreicht, selbst wenn der El-Niño-Einfluss abgezogen wird. Ein Einhalten der Pfade würde ein sofortiges Absinken des CO2-Gehalts erfordern.) https://www.liberation.fr/environnement/climat-les-concentrations-de-co2-cette-annee-menacent-la-limite-de-15c-daugmentation-globale-des-temperatures-20240119_6JIALPQDBNADFGNHS4MVDXR5QA/?redirected=1
Die Schluss-Statements Andrea Fischers im Video sind ein gutes Beispiel für ein falsches Verständnis der politischen Rolle der Klimawissenschaft. Anders als bei anderen gesellschaftlichen Fragen ist die Formulierung der politischen Probleme bei der globalen Erhitzung abhängig von der Wissenschaft. Wird die „Bewertung“ der Politik überlassen, wie es Andrea Fischer hier nahelegt, dann wird die Relevanz des Problems im gesellschaftlichen Diskurs heruntergespielt. Gletscherforscherin Andrea Fischer: „Blockaden sind nicht der richtige Weg“ – Natur – derStandard.de › Wissen und Gesellschaft
Ich bin noch immer dabei, Dale Jamiesons Reason in a Dark Time (Jamieson 2014) zu lesen – mit der Frage, warum das Handeln gegen die Klimakatastrophe bisher so erfolglos war. Hier eine Überlegung, die z.T. durch Jamiesons Buch motiviert ist und sich auf die besondere Rolle der Wissenschaft in Bezug auf die Klimakatastrophe bezieht. Ein weiterer Ausgangspunkt ist der, kurze aber wichtige Aufsatz A new paradigm for climate change (Anderson and Bows 2012), in dem Anderson und Bow von den seltenen Gelegenheiten in der Geschichte sprechen, „bei denen etabliertes Wissen durch neue Denkweisen und Erkenntnisse abgelöst wird“1. Sie forderten schon 2012, dass Wissenschaftler:innen über die traditionellen Grenzen ihrer Fachgebiete hinausdenken, deren Verflechtung mit der Politik ernst nehmen und die Politik, die die—z.B. durch ihre Orientierung am Wachstum—die Katastrophe weiter verschärft, mutig kritisieren.2 Weiterlesen
Durch ein Interview mit Jonathan Franzen (Franzen 2023) bin ich auf Dale Jamieson und sein Buch Reason in a Dark Time (Jamieson 2014) gestoßen.
Der Untertitel des Buchs ist: Why the Struggle Against Climate Change Failed—and What It Means for Our Future.
Fasziniert habe ich bisher den Beginn und die beiden Schlusskapitel gelesen. Als eine Art Zwischenergebnis und Voraussetzung für die weitere Lektüre versuche ich zu formulieren, was seine Position ausmacht—wobei ich die Kapitel, in denen er die Klimapolitik bis 2014 (das Erscheinungsjahr des Buchs) analysiert, noch nicht gelesen habe. Es hängt mit Jamiesons analytischer Methode zusammen, dass sich seine Position nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen lässt.
Gegen Ende des Podcasts über Europe’s Bet on Net Zero (McTague and Thompson 2023) staunt Tom McTague darüber, wieviel einfacher sich politische Entwicklungen verstehen lassen, wenn man sie durch die Energie-Brille ansieht. Das gilt für diese Folge ganz besonders. McTague und Helen Thompson diskutieren die Zusammenhänge des Übergangs zu erneuerbaren Energien mit geopolitischen Interessen. Dabei geht es nicht nur um Interessenpolitik, sondern um die eigentlich politische Dimension der Bildung von Akteuren in Verbindung mit der Energiepolitik. Die Europäische Union ist als Montanunion entstanden—basierend auf dem Poolen von Energie als Alternative zu Konflikten der Nationalstaaten Deutschland und Frankreich über Energie-Ressourcen. Eine Perspektive, die McTague und Thompson ansprechen, ist eine Erneuerung Europas durch ein gemeinsames Management der Stromnetze. Es geht auch um viele weitere Themen, darunter den systematischen Aufbau der Erneuerbaren in in China und den Zugang zu Metallen. Eine ganz andere Perspektive als die der meisten in der Klimabewegung, aber sehr lehrreich.
Ich habe mich heute etwas über Emma Goldman informiert, die mir schon in Giorgos Kallis‘ Buch Grenzen begegnet war. Es spricht für sie, und es spricht für den Anarchismus, dass sie sich weder über den Ersten Weltkrieg noch über die Dikatatur in Russland hat täuschen lassen – und zwar von Beginn an. Ich vermute (hoffentlich zu Unrecht, aber das ist unwahrscheinlich), dass wir in der Klimakatastrophe die gleiche Erfahrung machen werden: Es haben die Recht, die sich nicht von den Schönredereien ins Bockshorn jagen lassen – jetzt zum Beispiel vom Hochjazzen der Minimalergebnisse der COP28. Realistisch ist eine Haltung wie die von Kevin Anderson.
Am 6. November machte die Kleine Zeitung mit einen „Hingucker“ auf: Der „Energie-Experte“ Karl Rose erklärte die Pariser Klimaziele für unerreichbar. Rose setzte noch eins drauf: Die Energiewende werde jeden Bürger „20% seines Vermögens“ kosten (Sittinger, 2023a). Drei Wochen vor der Klimakonferenz COP28 hatte die Kleine eine kleine Sensation. Ernst Sittinger, der Autor des Artikels, freute sich über die öffentliche Erregung (Sittinger, 2023b).
Die Kleine Zeitung zitiert Rose als Universitätsprofessor. Dabei beruft sich Rose in diesem Artikel nicht auf Forschungen, wohl aber auf seine Erfahrungen „in der Ölindustrie”. Im Artikel wird auch erwähnt, dass er Aufsichtsratsvorsitzender der Energie Steiermark ist. Hier spreche er aber – vor dem „Ennstaler Kreis“ der ÖVP – als Privatperson.
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