Karl Pachner:

…bisher ist alles, was mit web2.0 zu tun hat, nämlich nur eine geld verzehrende blase.

Er muss es wissen, sonst wäre er nicht ORF-On-Chef geworden. Er verrät uns auch, dass die Benutzer keine Archive brauchen und dass Videos zwar Geld kosten, aber nicht erfolgskritisch sind. Nicht nur da

ist die bbc, sowohl den ressourcen nach als auch der strategie nach, anders aufgestellt. [derStandard.at: Der neue ORF On-Chef Karl Pachner… stand im Chat Rede und Antwort.]

It (the Web, hw.) worked because it was valuable, in a novel way. The value added by the Web is the unexpected re-use of information. People learned that if they went to the trouble of putting something on the Web for some reason, that others would benefit later in ways they never anticipated. [Tim Berners-Lee: The Mobile Web.]

Daran lassen sich viele Ideen anschließen. Das Web erlaubt Anschlusskommunikation in einem Maß, das es noch nie gegeben hat, und wie es sie vor allem nicht bei Medien gegeben hat. Man kann so z.B. erklären, worin der Sinn von News-Applikationen besteht: Sie sind technische Werkzeuge, um Nachrichten wiederverwenden zu können. Die Wiederverwendbarkeit ist auf der Ebene der Formate eine der wichtigsten Eigenschaften von Microcontent. Der Wert des Inhalts liegt darin, was sich aus ihm machen lässt, deshalb passen fertige Texte nicht ins Web.

Goodbye Gutenberg (via Joho the Blog) dokumentiert die aktuelle Situation der Zeitungen und des Journalismus. Prima vista eine hervorragende Einführung in den Journalismus — von der wirtschaftlichen Situation der Zeitungen über Multimedia bis zu rechtlichen und ethischen Fragen. Sehenswert die Newspaper Gallery: a visual voyage back to a time when newspapers wove communities together.

Die BBC startet eine vorerst interne Website zur Schulung von Journalisten:

The site launches with 500 pages and over 40 video clips with both practical exercises, how-to guides helping journalists of all levels to improve their skills, and theoretical discussions on the practice of journalism aimed to stimulate debate. [Press Gazette – UK Journalism News and Journalism Jobs.]

Bis Ende des Jahres soll das Angebot auch für Nichtmitarbeiter zugänglich sein. Alle Inhalte werden ausgehend von Beispielen vermittelt. Interessante Themenliste; sehr ernst nimmt die BBC Fragen im Grenzbereich von Ethik und Recht, etwa den Informantenschutz.

Amy Gahran fragt bei Poynter Online Linked In: Possible Partner for News Orgs? Es fehlt eine Idee, die ich einem Gespräch mit Martin Ebner verdanke: Über Netzwerke wie LinkedIn oder XING können Journalisten schnell zu fast jedem Thema auf ein riesiges Reservoir an Fachwissen zurückgreifen. Der Gedanke ist gut, weil er so nahe liegt, aber beim raschen Googeln findet sich wenig dazu. (Immerhin David Cohn: social networking sites have the potential to bring like-minded people together to help journalists tap into the wisdom of the crowd.)

Ein neues, hübsches Buzzword: Vendor Relationship Management. Gemeint ist damit, dass nicht ein Anbieter seine Kundenbeziehungen organisiert, sondern jeder Kunde seine Beziehungen zu den Anbietern, die ihn interessieren. Der Kunde kommuniziert, was er will, der Anbieter kann reagieren. Doc Searls hat die Idee hier und hier erklärt. Bei Nachrichten, Pressemeldungen und ähnlichem kann ich mir VRM-Systeme gut vorstellen; sie wären nichts anderes als komplexe, möglicherweise kollaborativ gefilterte Suchen.

Die NZZ zu der Studie Die Souffleure der Mediengesellschaft. Der Artikel spricht von einer Tendenz zur Deprofessionalisierung des Journalismus, und zwar unabhängig vom Web. Im Web wird sich der traditionelle professionelle Journalismus auflösen, wenn nicht alles täuscht. Die Frage ist: Wird nicht zugleich die PR oder die Kommunikation immer professioneller? Der Journalist mutiert gleichzeitig zum Bürgerjournalisten und zum Kommunikationsprofi.