Doc Searls:

I’ve said "Web 2.0 is what we’ll call the next crash," as well as the current bubble. and I still believe that. Social Media as a "meme" may sink with the same boat. The more useful distinction is between the Live Web and the Static Web. The Live Web today is branching off of the Static Web.

Ausführliches Interview mit Doc Searls. Interessant unter anderem wegen der Kritik am Medienbegriff und den Bemerkungen zum „zeitlichen“ Charakter des Web.

Kevin Anderson (via martinstabe):

Newsvine isn’t like most news community sites, but it has features that more news sites should adopt. To encourage participation and community, news sites need to highlight the participation to encourage participation.

Mich fasziniert der Titel: news as a social object. Dahinter steckt die Idee, dass die Beziehungen in Communities über Objekte vermittelt sind. Diese Idee ist mir bei Jyri Engeström begegnet, von dem sie auch Anderson hat. Er hat darüber hier gebloggt und auf eine Präsentation Engeströms auf dem NMK Forum 07 verwiesen:

Eine ausführliche Zusammenfassung von Engeströms Keynote hier, Audio hier.

Engeström stellt die Frage:

What explains the success of some web sites and the failures of others?

und kommt zu dem Ergebnis, dass die auf Dauer erfolgreichen Sites wie del.icio.us und flickr um bestimmte soziale Objekte gebaut sind. Beispiele: Beruf und Verabredung, die mich mit sehr verschiedenen Leuten verbinden. Engeström spricht auch von focal objects. Mit Objekten wir Fotos (flickr) oder Links (del.icio.us) allein ist es aber nicht getan. Für Engeström erfüllen erfolgreiche Sites fünf Bedingungen:

  • „Inhalt“: Klar definierte Objekte (bei Jaiku teilt man z.B. Präsenz oder Präsenzinformationen).
  • „Aktion“: Klar erkennbare und sinnvolle Interaktion. Bei ebay z.B. kaufen und verkaufen.
  • „Teilen“: Es muss einfach sein, die Objekte mit anderen zu teilen, etwa durch Permalinks
  • „Promotion“: Der Service verbreitet sich am besten, wenn man mit ihm etwas schenken kann (z.B. indem man ein Link zu einem witzigen Video auf youtube verschickt).
  • „Business Model“: Bezahlt wird nicht für den Verbrauch, sondern für die Möglichkeit zu publizieren. (Bei Flickr zaht man z.B. für zusätzliches Daten- und Transportvolumen. ->Freemium-Modell)

Engeström verallgemeinert dieses Prinzipien. Jede erfolgreiche Website ist für ihn um Objekte gebaut, die klar definierte Interaktionen erlauben und sich mit anderen teilen lassen.

Die meisten Nachrichtenseiten klassischer Medien sind davon weit entfernt. Es gibt aber durchaus „kleine“ Angebote, die Engeströms Modell entsprechen, z.B. Helge’s WLAN List oder das München Wiki. Auch einen vanilla-Space kann man als einen Raum zum Austauschen sozialer Objekte verstehen.

Mir ist an dem Konzept der social objects noch vieles unklar: Wann werden Informationen zu Objekten? Spielt die Unterscheidung von realen und virtuellen Objekten eine Rolle? Ich habe aber den Eindruck, dass Engeström eine sehr weitreiche und empirisch gut abgesicherte Theorie über Soziale Medien entwickelt — sicher eines der interessantesten Konzepte auf diesem Gebiet.

George Siemens:

At its simplest, information is a node which can be connected. When connected, it becomes knowledge (i.e. it possesses some type of context and is situated in relation to other elements). The combined nature of many such connections results in understanding…i.e. understanding is an emergent property of the network.

Mir ist diese Definition von Wissen so sympathisch wie Thomas N. Burg, bei dem ich sie gefunden habe. Siemens formuliert so etwas wie die spontane Philosophie des Web 2.0.

Allerdings denke ich, dass man Information auch als Ereignis, als Veränderung eines Zustandes verstehen muss. (Auf die Ebene der Neuronen bezogen äußert Stephen Downes einen ähnlichen Einwand in den Kommentaren zu Siemens‘ Definition.) Man kann jemand eine bestimmte Information nur einmal geben. Und zu den connections muss man auch die Auswahl zählen, die zu den Grundfunktionen von Netzwerken gehört. Van Dijk
schreibt:

Networks increase options for selections by system units.

Wobei die Auswahl unter möglichen Verbindungen erfolgt. Aber ohne Auswahl endet man im Beziehungswahn und im bloßen Allgemeinwissen.

Dieter hat seine Session auf dem Barcamp Vienna — auch für mich der interessanteste Teil — so gut zusammengefasst, dass ich gar nichts mehr referieren muss. Erst durch sein Posting wird mir der Hintergrund seiner Frage nach den veränderten Businessmodellen von Medienunternehmen, Telcos und Brands deutlich:

In meiner Wahrnehmung basiert das was wir so kläglich Web2.0 nennen auf 3 Innovationsfundamenten:

  • Informationsmanagement
  • Identitätsmanagement
  • Beziehungsmanagement

Der Kern liegt aber im Punkt Identitätsmanagement (denn darauf basiert das Beziehungsmanagement). Im Rahmen der "Attention Economy" ist Aufmerksamkeit das knappe Gut und diese Tatsache betrifft folgende 3 Player…

Dieter hat sich in seiner Einleitung vor allem damit beschäftigt, wie Medienunternehmen, Telcos und Brands versuchen, durch social media und social software Aufmerksamkeit zu gewinnen und tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Eine, wenn nicht: die Schlüsselrolle habe dabei das Identitätsmanagement:

Aber wer die „Identität“ hat (=die Infrastruktur für ein effizientes Identitätsmanagement zur Verfügung stellt), der sitzt an der Quelle der Monetarisierungsmöglichkeiten und darum geht es am Ende des Tages in einem kapitalistischen System.

Ich glaube auch, dass das Identitätsmanagement zu einer zentralen Frage der nächsten Generation von Webanwendungen werden wird, weil die verschiedenen Dienste ohne so etwas wie eine Repräsentation der Identität nicht miteinander zusammenarbeiten können und damit in einer Netzwerkökonomie zwangsläufig Potenziale nicht realisieren. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass sich hier einzelne Anbieter durchsetzen. Niemand wird sich hier an eine Telco oder ein anderes Unternehmen verkaufen wollen (ich glaube auch nicht, dass Dieter das meint). Ich sehe die Zukunft eher bei Lösungen wie OpenID. Einen offenen Standard für das Identitätsmanagement im Web zu haben bedeutet nicht, dass er nicht kommerziell implementiert werden kann. Offenbar arbeitet Microsoft mit CardSpace an einer solchen Lösung. (Beim Googeln bin ich auch auf das Project Higgins gestoßen, das IBM und Novell unterstützen)

Meine Notizen von der Session unten. Sehr interessant fand ich in der Diskussion Thomas N. Burgs Hinweis auf Reed’s Law und Richie Pettauers Verweis auf die poststrukturalistische Kritik an den gängigen Identitätsmodellen.

Identität ist ein Megathema; es verdient ein Unkonferenz in unseren Breiten.

Weiterlesen

Ein paar sehr allgemeine Überlegungen zur Ökonomie von sozialen Medien. Ich beginne gerade, Yochai Benklers Wealth of Networks zu lesen. Ich weiß, dass es sich im Folgenden um so etwas wie Binsenweisheiten handelt und schreibe es nur zur Selbstvertändigung auf — oder um Hinweise zu erhalten. (Ich weiß leider nicht mehr, wo ich das gelesen habe: „Ich muss mich für die Banalität meiner Meinung entschuldigen!“) Ich brauche eine Art Ausgangspunkt, um mich in dieses Gebiet irgendwann einarbeiten zu können.

Mir erscheinen drei Faktoren/Tendenzen bestimmend:

  1. Das erforderliche Kapital zur Produktion und Distribution ist niedrig; in den reichen Ländern ist bei der Mehrheit der Bevölkerung vorhanden. Sprich: Man braucht einen Computer oder ein gutes Mobiltelefon und eine Internet-Verbindung, um weltweit publizieren zu können. Jede Person und jede Institution kann also produzieren und anbieten, was sie produzieren und anbieten will. Diese Ausgangssituation ermöglicht, was Benkler als Commons Based Peer Production bezeichnet.
  2. Der User/Verbraucher kann aus dem Angebot frei auswählen und die Bestandteile frei kombinieren. Er kann potentiell auf alles stoßen und es verwenden (Stichwort: Long Tail), und er ist nicht an Vorgaben für die Auswahl gebunden (Stichwort: Unbundling the News).
  3. Medien/Informationen im Web sind digital, sie können mit digitalen Techniken kopiert, verändert und weiterbearbeitet werden. Es gibt potentiell keine Begrenzung für die Anzahl der Kopien und für die Möglichkeiten der Veränderung.

Bei diesen drei Faktoren handelt es sich nur um Tendenzen, es sind aber die Tendenzen, die für das Web charakteristisch sind, offenbar, weil sie für die Masse der Akteure ökonomisch am sinnvollsten sind. Die Masse der User profitiert nicht von Begrenzungen bei der Möglichkeit Medien und Informationen anzubieten (Stichwort: Netzneutralität), bei der Möglichkeit, Medien und Informationen zu rezipieren (Stichwörter: Paid Content, Proprietäre Formate) oder bei der Möglichkeit, Medien und Informationen zu kopieren und weiterzuverarbeiten (Stichwörter: Digital Rights Management, Urheberrecht). Sobald die Verbraucher entscheiden können, setzen sich diese Tendenzen durch. Wenn das stimmt, dann sind Medienhäuser, Verlage und Sendeanstalten nicht nur in einer kurzfristigen Krise: Die Medienökonomie im Web folgt ganz anderen Regeln als die in der analogen Welt, und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich Unternehmen und Business-Modelle von hier nach dort übertragen lassen.

Heute habe ich (als Gast) eine Doppelstunde Medienethik unterrichtet. Nicht ungern, denn ich kann dabei an mein — unterbrochenes — Philosophiestudium anschließen. Ich glaube allerdings nicht, dass es so etwas wie eine eigene Medienethik gibt. Wenn man überhaupt ethische Regeln begründen kann, gelten sie überall, schon der Ausdruck Medienethik gehört für mich in eine gemeinsame Schublade mit Sexualmoral, Grundwerten und anderern Verlegenheitskomposita.
Trotzdem habe ich versucht, den Studenten so etwas wie Richtlinien oder Werte für soziale Medien vorzuschlagen. Ich bin allerdings nicht sicher, ob es sich dabei überhaupt um ethische Begriffe handelt, und vielleicht gehören sie auch nicht auf dieselbe Ebene. An drei ethischen Prinzipien kann man sich möglicherweise bei Webmedien orientieren:

  1. Transparenz
  2. Dialogbereitschaft
  3. Respekt

Keiner dieser Werte betrifft nur Online-Medien (aber woher sollten auch eigene Werte für Online-Medien stammen?) Aber alle drei gehen Online-Medien in einer besonderen Weise an.

Transparenz ist ein Wert, der bei anderen Medien und jenseits anderer Medien nur bedingt gilt, weil dort schlicht begrenzt ist, wieviel publiziert werden kann. In einer Zeitung erwarte ich keine Fussnoten; es ist auch nicht möglich, dass eine Journalistin alle Details ihrer Recherche publiziert. Online ist es dagegen möglich, die Genese einer Publikation mitzupublizieren, und auch wenn sich dafür nur wenige interessieren werden — es gibt keine Grund sie nicht zu veröffentlichen. So haben alle Leser/User wenigstens eine Gelegenheit nachzuvollziehen, wie ein bestimmtes Ergebnis zustande gekommen ist. Erst recht ist bei einem Online-Medium zu erwarten, dass alle möglichen Befangenheiten einer Autorin offen gelegt werden.

Dialogbereitschaft gehört wahrscheinlich zu jeder Form von Ethik; sie ist eine Voraussetzung ethischen Argumentierens. Soziale Medien bauen aber direkt auf ihr auf. Dialogbereitschaft bedeutet dabei, dass es immer möglich sein muss, dass Leser und Betroffene antworten. Ich muss also so arbeiten, dass ich dem anderen seine Fähigkeit zu antworten nicht nehme oder abspreche, etwa durch verletzende Polemik. Die Dialogbereitschaft kann erst aufhören, wo der Adressat nicht zum Dialog willens oder fähig ist. Soziale Medien sollten also vorsichtiger sein als herkömmliche Massenmedien, die nicht auf Antworten ihrer Nutzerinnen angelegt sind; bashing ist in ihnen mindestens schlechter Stil, auch wenn sie dadurch gegenüber der älteren Konkurrenz an Prägnanz verlieren.

Respekt ist für mich der schwierigste der drei Begriffe, aber der entscheidende. Mit Respekt meine ich Rücksicht auf die Bereitschaft oder Fähigkeit, Publikationen über sich zu ertragen. Warum ist es verwerflich, Hinrichtungsvideos zu publizieren oder anzusehen? Es wird dabei etwas veröffentlicht, das nicht öffentlich gemacht werden soll, die Publikation ist ein Teil der Entwürdigung, die das eigentliche Ziel jeder Hinrichtung ist. Es wird ein Tabu gebrochen — vielleicht geht es hier um einen Bereich jenseits oder diesseits einer rationalen ethischen Argumentation. Respektlos ist es aber auch — um ein viel alltäglicheres Beispiel zu nennen –, in Konversationen einzugreifen, um ein Produkt zu verkaufen. Die Frage des Respekts stellt sich bei Online-Medien besonders heftig, weil sie die tradionellen Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem verschieben oder sogar aufheben. Schon die Publikation eines Namens oder Bildes kann respektlos sein.

Sicher kann man Transparenz, Dialogbereitschaft und Respekt nicht voneinander trennen. Die Perspektive ist bei diesen drei Prinzipien aber unterschiedlich: Transparenz betrifft die Autorin selbst, Dialogbereitschaft ihr Verhältnis zu ihrem Publikum und Respekt die Beziehung zu Dritten, über die publiziert wird. Vielleicht forden sich die drei Werte deshalb gegenseitig.

[Anmerkung: Dieses Post habe ich in eine page übernommen, die ich möglicherweise erweitern und aktualisieren werde. Die aktuelle Version findet sich hier]

Leider habe ich es nicht zur Reboot 9 geschafft, und wenn ich daran denke, wer alles dort ist, bedaure ich das sehr. Bei Oliver Wagner habe ich wenigstens eine gute Zusammenfassung von Sessions des ersten Tages gelesen. Interessant vor allem der Begriff social object:

Ein aus meiner Sicht überraschendes Highlight gab es dann zum Ende des ersten Tages: Jyri Engeström sprach über Microblogging bzw. über Social Objects, also die Elemente, die in Social Networks für die Verbindungen zwischen Menschen sorgen bzw. diese motivieren, Verbindungen einzugehen. Musik bei MySpace, Fotos bei Flickr oder Bookmarks bei del.icio.us etc. Er empfiehlt also bei der Konzeption eines Social Networks zunächst auf die Wahl des richtigen Social Objects zu achten und dies auch Verbal im Produkt permanent zu unterstützen, sprich immer wieder auf den Kern der Applikation hinzuweisen. Der dritte wichtige Punkt ist eine gute Permalink Struktur. Die Social Object müssen leicht verteilt (Stichwort externe Einbindung) und wieder gefunden werden können. Einladungen in den Service sollten kleine Geschenke sein, so der vierte Punkt. Aufmerksamkeiten, die neuen Usern den Einstieg in das Produkt leichter machen.

Jyri Engeström beschäftigt sich mit den sozialen Aspekten mobiler Medien; auf der technisch-medialen und auf der soziologischen Ebene perspicace! Zum Begriff der sozialen Objekte findet sich in seinem Weblog ein sehr gutes einführendes Posting (interessant das Echo, u.a. von Howard Rheingold). Engeström wendet sich dagegen, soziale Netze nur als Beziehungen zwischen Personen zu konzipieren; für ihn sind die Beziehungen immer an Objekte gebunden, die zwischen den Personen ausgetauscht werden. Er verweist auf die Soziologin [Karin Knorr Cetina][9]; ich könnte mir vorstellen, dass dabei auch Konzepte der französischen Soziologie von Mauss bis Levi-Strauss aufgenommen werden (sorry Markus, auch ich bin mit der deutschen Wissenschaftsart großalt geworden…). Vielleicht ein Schlüsselbegriff, um die Verbindung von sozialen und medialen Netzen zu verstehen.
[9]: http://www.embl.org/aboutus/sciencesociety/conferences/2004/session4/karin_knorr_cetina.html „EMBL/EMBO Joint Conferences – 2004 – Invited Participants-
„Karin Knorr Cetina“

Barry Wellman und Jennifer Kayaharan haben untersucht, wie sich Webnutzer über Kultur informieren: Searching for culture — —high and low.1

To see how people actually fit the Internet into their lives, in this article we study how Torontonians search the Web for cultural activities, and how their offline searches intersect with their Web searches. Our research into the interplay of computer networks and social networks in the search for cultural information and activities is based on lengthy interviews conducted in 2005 with 84 English-speaking adult residents of the East York section of Toronto, Canada (Hogan, Carrasco, & Wellman, 2007; Wellman & Hogan, 2006).

Den Stamm der East Yorker erforschen Wellman und seine Mitarbeiter seit Jahren. Schon bevor das Web entstand, war die empirische Untersuchung sozialer Netzwerke Wellmans Thema. (Ich bin über Thomas Pleil auf Wellman gestoßen.)

Mich interessiert der Artikel vor allem methodisch. Meine Fragestellung dabei: Wie lässt sich die Wirkung sozialer Medien evaluieren? Kayahara und Wellman evaluieren nicht, sondern nehmen eine empirische Bestandsaufnahme vor. Lernen kann man nicht nur von ihrer Interviewtechnik, sondern auch davon, wie sie den Uses and Gratifications-Ansatz verwenden. Bei der Interpretation der Ergebnisse revidieren die Autorinnen das Zweistufenmodell für Kommunikationsflüsse:

Our findings also have implications for the model of the traditional two-step flow of communication. We suggest the existence of new steps, whereby people receive recommendations from their interpersonal ties, gather information about these recommendations online, take this information back to their ties, and go back to the Web to check the new information that their ties have provided them.

Mit ähnlichen Mitteln ließe sich auch erheben, wie sich Internet-Nutzer über bestimmte Ereignisse, Produkte usw. informieren — für eine Evaluierung ein wichtiger Ausgangspunkt. Fiktives Beispiel: Ein Unternehmen wird umorganisiert; bei der Umorganisation sind externe Berater beteiligt. In der internen Kommunikation werden soziale Medien verwendet: Manager und externe Berater (hoffentlich nicht nur sie) führen Weblogs; die Mitarbeiter können Vorschläge in einem Wiki publizieren. Durch Interviews wie die Wellmans und Kayaharas könnte man in verschiedenen Phasen des Prozesses herausfinden, wo sich die Mitarbeiter des Unternehmens über ihr Unternehmem informieren.

(Mir geht es zunächst darum, von einer metaphorischen zu einer empirisch überprübaren Verwendung von Begriffen wie „soziales Netz“, „mediales Netz“ zu kommen / Theorien kennenzulernen, die das leisten. Die Arbeiten Wellmans und seiner Schule scheinen mir da zentral.)

Etwas weiter gesponnen: Bei der Evaluierung von sozialen Medien sind „Social Information Retrieval“ und „Ambient Findability“ wichtige Stichwörter: Woher wissen die Benutzer etwas? Wo suchen sie Informationen? In welcher Beziehung stehen dabei soziale Netze, etwas zwischen Kolleginnen in einem Betrieb, zu medialen Netzen, etwa den Informationen im Intranet des Unternehmens? Das lässt sich leicht weiter ausdifferenzieren: Welche sozialen Netze sind für das Finden welcher Informationen relevant? Welche medialen Netze werden verwendet? In welcher Beziehung stehen sie zueinander? (Vertrauen spielt hier eine entscheidende Rolle, vor allem, wenn es explizit um Evaluierung geht. Wenn soziale Medien „funktionieren“, dann durch den Aufbau von Vertrauen, das die Verbindung eines sozialen und eines medialen Netzes erzeugt.)

1Auch die anderen Artikel dieser Ausgabe JCMC über Suche im Web sind interessant. Übersicht hier.

Kleinere Texte des Soziologen Jan van Dijk gelesen, v.a. Outline of a Multilevel Theory of the Network Society. Van Dijk hat als erster oder einer der ersten den Terminus „Network Society“ verwendet. Er tritt ein für eine „Multilevel Network Theory“, die nicht nur physikalische, biologische, neuronale, soziale und mediale Netzwerke zusammen analysiert, sondern auch Netzwerke auf der Mikro-, Meso- und Makroebene. Van Dijk verknüpft seinen eigenen Ansatz im Detail mit der soziologischen Tradition der Netzwerk-Analyse, die man sich über ihn, wie mir scheint, sehr gut erschließen kann. Er wendet sich gegen die Verwechslung von Netzwerken als Formen mit der sozialen „Substanz“, wie er sie Manuel Castells vorwirft. (Er spricht hier auch von „reification“.)

Van Dijk bezeichnet Netzwerke als anpassungsfähige „relativ offene Strukturen“, die immer wenigstens drei „relativ geschlossene Strukturen“ integrieren. Grundlegende Funktionen aller Netzwerke — und die Ursache ihrer Anpassungsfähigkeit — sind Interaktion, Variation und Selektion.

Van Dijk argumentiert sehr differenziert und vor dem Hintergrund einer sehr komplexen Theorie, so dass sich seine Thesen kaum nach einer ersten und oberflächlichen Lektüre resümieren lassen.

Ich beschäftige mich mit van Dijk, weil mich interessiert, wie sich die Verwendung sozialer Medien „evaluieren“ lässt. Im folgenden ein paar Zitate van Dijks, die in diesem Zusammenjang möglicherweise interessant sind:

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