Letzte Generation: Ungehorsam, aber zivil (Gürgen, 2022): Viele Hintergrundinformationen über die Letzte Generation. Wenn etwas fehlt, dann Hinweise auf die internationale Bewegung dahinter.

Zur Klimakommunikation eine Anekdote von Christoph Bautz:

Zur Bundestagswahl 2021 hatte Campact mehr als 5 Millionen Türhänger zum Thema Klimapolitik produziert, die sie vorher an Fokusgruppen testeten. Selbst bei Teilnehmer:innen „aus dem rot-grünen Milieu“ habe es ein klares Ergebnis gegeben: Alle Formulierungen, die die Klimakrise realistisch beschrieben, seien als „zu alarmistisch“ eingestuft worden. „Die Leute waren zwar für moderaten Klimaschutz. Aber wir haben gemerkt: Die Dramatik der Situation ist selbst in diesem Milieu noch nicht angekommen.“

Gürgen, M. (2022, December 10). Letzte Generation: Ungehorsam, aber zivil. Die Tageszeitung: taz. https://taz.de/!5898641/

Growth in GDP, Extraction and Pollution in the Global Economy (Athanassiadis, n.d.): Ausführliche Podcast-Folge mit Dominik Wiedenhofer, der seine Forschungen zu den Material Flows (er spricht von Industrieller Ökologie) vorstellt, im Zusammenhang mit dem Pariser Abkommen interpretiert und auf die Planetary Boundaries bezieht. Der Podcast geht ausführlich auf den von Wiedenhofer koordinierten Review-Artikel zum Absolute Decoupling (Wiedenhofer et al., 2020) ein. Ich habe Wiederhofers Namen zwar immer wieder gelesen, die Bedeutung seiner Arbeit wird mir aber erst jetzt klar. In seiner Publikationsliste finden sich eine ganze Reihe Arbeiten zum materiellen Fußabdruck von Städten und Gebäuden. Argumentativ finde ich sein Statement dazu wichtig, dass für die Dekarbonisierung absolute Ziele definiert werden müssen – darauf können wir uns z.B. bei #1Komma5Graz beziehen.

Athanassiadis, A. (Director). (n.d.). Growth in GDP, Extraction and Pollution in the Global Economy (Podcast with Dr. Dominik Wiedenhofer) [mp3]. Retrieved December 3, 2022, from https://open.acast.com/public/streams/601c2c3e888747622bf934e6/episodes/6386031232015100119ed496.mp3
Wiedenhofer, D., Virág, D., Kalt, G., Plank, B., Streeck, J., Pichler, M., Mayer, A., Krausmann, F., Brockway, P., Schaffartzik, A., Fishman, T., Hausknost, D., Leon-Gruchalski, B., Sousa, T., Creutzig, F., & Haberl, H. (2020). A systematic review of the evidence on decoupling of GDP, resource use and GHG emissions, part I: bibliometric and conceptual mapping. Environmental Research Letters, 15(6), 063002. https://doi.org/10.1088/1748-9326/ab8429

Gestern abend habe ich bei John Berger gelesen (und dabei an Elon Musk gedacht):

Die Tatsache, dass die Tyrannen der Welt ex-territorial sind, erklärt das Ausmaß ihrer Überwachungsmacht, weist aber auch auf eine kommende Schwäche hin. Sie operieren im Cyberspace und residieren in bewachten Zonen. Sie haben keine Kenntnis von der sie umgebenden Erde. Außerdem tun sie dieses Wissen als oberflächlich und nicht tiefgründig ab. Nur die extrahierten Ressourcen zählen. Sie können nicht auf die Erde hören. Auf dem Boden sind sie blind. Im Lokalen sind sie verloren.

Für die Mitgefangenen ist das Gegenteil der Fall. Die Zellen haben Wände, die sich über die ganze Welt hinweg berühren. Wirksame Aktionen des nachhaltigen Widerstands werden nah und fern in das Lokale eingebettet sein. Widerstand im Outback, auf die Erde hören. (“Meanwhile,” Übersetzung mit deepl.com, von mir redigiert, in Berger, 2016)

Seit Dienstag, als ich mit Ana in der Dramatisierung seines Romans A und X im KiG gewesen bin, gehen mir Formulierungen Bergers durch den Kopf. Schon länger denke ich über die Bedeutung des Lokalen, des Orts, im Kampf gegen die Klimakatastrophe und die mit ihr verknüpften Krisen nach. Den Horizont dafür bildet für mich der Begriff der geosozialen Klasse (Latour & Schultz, 2022).

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Man kann wohl nicht definieren, was Philosophie ist, ohne sich schon in einer Philosophie zu befinden. Angeregt durch Bruno Latour und Isabelle Stengers, aber auch durch einen Facebook-Dialog mit einer Klima- und Covid-Schwurblerin, denke ich darüber nach, was ich unter Philosophie verstehe. Kurz dachte ich, dass für mich Philosophie mit der Prüfung von Argumentationen zusammenfällt, dass es in ihr also gar nicht um Aussagen über die Wirklichkeit oder die Welt geht. Aber dieses Konzept geht nicht weit genug.
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Ich bin auf der Suche nach Informationen zur Klimakrise in Kroatien. Heute habe ich eine etwas ältere EU-Website (European Climate Adaptation Platform Climate-ADAPT, n.d.) und dort einen zusammenfassenden Bericht (von 2017) über die Ergebnisse einer Modellierung der Entwicklungen in Kroatien bis 2070 gefunden (Branković et al., 2017). Die EU-Seite, die zu einem ambitionierten Projekt gehört, zeigt deutlich, wie schwierig ist, die Informationen zu diesem Thema aktuell und systematisch zu publizieren. Der Bericht zu Kroatien enthält sehr viele Informationen, man wünscht sich ein Update. Ich würde ihn auch gerne mit Untersuchungen zu Lastovo (Bonacci, 2019) und Dubrovnik (Boras, 2021) in Beziehung setzen, die ich inzwischen gefunden habe. Die Entwicklungen, vor allem die der Hitze im Sommer und wohl auch die Folgen für den Wasserhaushalt, sind dramatischer, als sie in dem alten Bericht erscheinen (jedenfalls bei einem allerersten Überlesen mit mangelhaften Sprachkenntnissen).

Bonacci, O. (2019). Air temperature and precipitation analyses on a small Mediterranean island: the case of the remote island of Lastovo (Adriatic Sea, Croatia). Acta Hydrotechnica, 32(57), 135–150. https://doi.org/10.15292/acta.hydro.2019.10
Boras, M. (2021). Temperaturna obilježja i toplinsko opterećenje Dubrovnika [Info:eu-repo/semantics/masterThesis, University of Zagreb. Faculty of Science. Department of Geophysics]. https://urn.nsk.hr/urn:nbn:hr:217:188652
Branković, Č., Guettler, I., Srnec, L., & Stilinović, T. (2017). Rezultati klimatskog modeliranja na sustavu HPC VELEbit za potrebe izrade nacrta Strategije prilagodbe klimatskim promjenama Republike Hrvatske do 2040. s pogledom na 2070. i Akcijskog plana (Podaktivnost 2.2.1.). Ministarstvo zaštite okoliša i energetike (MZOE). https://prilagodba-klimi.hr/wp-content/uploads/2017/11/Klimatsko-modeliranje.pdf
European Climate Adaptation Platform Climate-ADAPT. (n.d.). Croatia — Climate-ADAPT. Retrieved August 19, 2022, from https://climate-adapt.eea.europa.eu/countries-regions/countries/croatia

Bruno Latour verweist auf Twitter auf einige Texte zu James Lovelock, der am 26. Juli, seinem hundertunddritten Geburtstag, gestorben ist: einen Nachruf in der Libération von Latour selbst und Sébastien Dutreuil (2022), eine populärwissenschaftliche Darstellung von Sébastien Dutreuil (2022) und einen Essay, in dem Latour seine Lovelock-Interpretation unterhaltsam, unprätentiös und fast beiläufig in einem Bericht über seinen ersten Besuch bei Lovelock vorstellt (Latour, 2018). Es geht in diesen Texten um das, was Lovelocks Gaia-Hypothese von Ansätzen unterscheidet, die ihr ähneln und zum Teil von ihr ausgelöst wurden. Latour und Dutreuil entwickelten ihre Interpretationen im Dialog mit Tim Lenton. Ihr gemeinsames Verständnis Lovelocks stellen Latour, Dutreuil und Lenton in einem ausführlichen Aufsatz in der Anthropocene Review dar (Lenton et al., 2020).

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Mich beschäftigen drei Ereignisse, von denen ich gestern gelesen habe:

  • James Lovelock ist an seinem 103. Geburtstag gestorben (Horton, 2022, der Guardian stellt fest, dass die Klimakrise, auf die er die Öffentlichkeit aufmerksam machen wollte, ein Grund dafür war, dass Lovelock so lange aktiv bieb.)
  • Die Leopoldina hat ein langes Papier veröffentlicht, das eine Neuorganisation der Erdwissenschaften in Deutschland fordert und in die Erdsystemwissenschaft als eine wissenschaftliche Leitdisziplin einleitet (tagesschau.de, 2022).
  • Im Guardian ist ein Artikel über eine Bewegung erschienen, die Besetzungen von Hochschulen und Schulen in vielen Ländern ab dem nächsten Schulstreik im November vorbereitet (End Fossil, 2022).

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Zukunftsszenarien von einer Erde im Wandel erfordern Lösungsoptionen und vor allem deren wirksame Vermittlung an die Öffentlichkeit und an politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger. Diesbezügliche Fähigkeiten werden an Universitäten und Forschungszentren in der Regel nicht gelehrt. (Zukunftsreport Wissenschaft. Erdsystemwissenschaft – Forschung Für Eine Erde Im Wandel., 2022, p. 7)

Wenn ich heute einen Contentstrategie-Studiengang konzipieren würde, wäre das mein Ausgangspunkt. Das Marketing für sozial und ökologisch schädliche Produkte und die kapitalistischen Firmen dahinter (und hinter den Marketing-Maschinen) hat damit nichts zu tun.

Quelle:

Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina (Ed.). (2022). Zukunftsreport Wissenschaft. Erdsystemwissenschaft – Forschung für eine Erde im Wandel. Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Publikationen/Zukunftsreport/2022_Zukunftsreport_Erdsystemwissenschaft_DE_web.pdf

Gut aufbereitete Einführung zu Bürger:innenräten – mit vielen Literaturhinweisen und Links zu Beispielen (Extinction Rebellion UK, 2019). Habe sie gerade bei der Vorbereitung einer Extinction Rebellion-Veranstaltung zum österreichischen Klimarat gelesen.

Die Dimensionen des Themas Citizens Assemblies’/Bürger:innenräte gehen mir erst auf, seit ich für das Fazit einen Aufsatz über Ökologie und Demokratiekrise (PDF) geschrieben habe. Ich sehe die Chancen, mit den traditionellen demokratischen Instrumenten rechtzeitig auf die ökologischen Krisen zu reagieren, immer pessimistischer. Bisher haben diese Instrumente dramatisch versagt.

Nachweis

Wir sind dem Doppelten des natürlichen CO2-Gehalts der Atmosphäre näher als dem Treibhausgasgehalt der Atmosphäre vor der Industrialisierung. Die amerikanische National Oceanic and Atmospheric Administration hat in einer Presseaussendung (2022) bekanntgegeben, dass der CO2-Anteil der Atmosphäre im Mai bei 421 Teilchen pro Million (ppm) lag. Bevor die Verbrennung fossiler Brennstoffe begann, waren es 280 ppm.

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