Wir starten im Herbst einen Bachelor-Studiengang Journalismus und PR. Darin bin ich für das Gebiet Web zuständig — zusammen mit Karin, die uns international vernetzt und sich mit didaktischen Themen beschäftigt, und hoffentlich oft im team teaching mit Boris, Maria und anderen Kollegen. Als ich vor ein paar Jahren begonnen habe, an der Fachhochschule zu unterrichten, bin ich aus der Praxis in die Lehre hineingestolpert. Jetzt haben wir eine Chance, etwas systematischer zu überlegen, was unser Unterricht soll und wie wir ihn anlegen.

Die Studenten haben drei Jahre Zeit, von denen sie ein halbes im Praktikum sind. Für das Thema Web stehen in den ersten Semestern ein paar Stunden zur Verfügung; im letzten Semester ist es dann möglich, sich auf Soziale Medien zu spezialisieren — als Alternative zu Journalismus oder PR. Das ist nicht sehr viel Zeit, und den größten Teil des Studiums werden sich die meisten mit älteren Medien und den herkömmlichen Formen der PR beschäftigen. Ein Teil wird nach dem Abschluss weiterstudieren, alle sollten nach dem Examen darauf vorbereitet sein, in der Medienbranche zu arbeiten. (Natürlich müssen wir alle Themen crossmedial unterrichten. Aber Spannungen, Debatten zwischen den Vertretern alter und neuer Medien sind lehrreicher als künstliche Harmonisierung.)

Was müssen die Studenten wissen? Was sind die wichtigsten Themen? Klar ist, dass es nicht vor allem um Faktenwissen gehen kann, das funktioniert schon quantitiv nicht, und die meisten Fakten, die man ihnen beibringen könnte, sind ohnehin schon in ein paar Jahren veraltet. Der Satz

life is not about stuff; it’s about possibilities

gilt ganz sicher für jede Art von Bildung oder Ausbildung.

Ich suche nach einer Formulierung (einem mission statement oder einer Leitlinie), die unterschiedliche Ansprüche erfüllt:

  1. Die Studenten müssen sie verstehen, und zwar so, dass sich ihr möglichst viel von dem, was wir in unserem Unterricht machen, zuordnen lässt.

  2. Sie muss sowohl für den Journalismus wie für die Unternehmenskommunikation gelten.

  3. Sie muss gültig sein, auch wenn alle hergebrachten Begriffe von Professionalität im Medienbereich in eine Krise geraten sind.

Als allgemeinste Zusammenfassung unserer Ziele fällt mir ein: den Studenten beibringen, wie sie mit den Mitteln des Web Mehrwert für ihre Leser oder User erzeugen. Das klingt nach langweiliger Unternehmenspräsentation. Vielleicht könnte ich auch sagen: den Studentinnen beibringen, wie man die Leser mit den Mitteln des Web so informieren und unterhalten kann, dass sie wiederkommen, dass sie der Autorin oder dem Medium, in dem sie schreibt, die Treue halten. Im Kern ist das eine uralte Zielsetzung. Nur die Mittel sind neu. Die Leserinnen oder Userinnen sollen etwas von dem haben, was ihnen Journalisten oder Unternehmenskomunikatoren bieten, und Professionalität besteht zu einem großen Teil darin, zu wissen, wie sie möglichst viel davon bekommen.

Ganz zufrieden bin ich mit der Orientierung am Mehrwert nicht — aber ich werde daran weiterdenken, bis ich auf eine prägnantere oder präzisere Formel stoße. Vielleicht fällt ja den Studierenden eine ein?

Meine Arbeit bestünde dann übrigens zu einem guten Teil darin herauszufinden, wo und wie sich mit den Mitteln des Web die Qualität von Nachrichten (im allerweitesten Sinn) verbessern lässt, und noch mehr darin, die Studentinnen anzuregen, das selbst zu entdecken. Ein interessanter Job — ich wünsche mir keinen anderen.