Am Samstag hat in Graz zum ersten Mal ein Fedicamp stattgefunden – ein Barcamp zum Theme Fediverse. Marc und ich haben es organisiert.
Am Abend waren, glaube ich, alle zufrieden – auch wenn das Event ganz anders abgelaufen ist, als es geplant war. Wir wollten vor allem Menschen ansprechen, die das Fediverse noch nicht kennen. Tatsächlich sind nur Leute gekommen, die sich sehr dafür interessieren, darunter André Menrath und Alex Kirk, die Komponenten des Fediverse weiterentwickeln und von denen wir alle viel gelernt haben. Am Morgen waren wir zu acht, am Nachmittag 12. Vorsichtig formuliert, gab es einen sehr großen Männerüberhang.

Da wir eine eher kleine Gruppe waren, haben wir um den Couchtisch des Spektral gesessen und uns den ganzen Tag unterhalten. Wir haben Themen und einen Zeitplan für 7 Sessions vereinbart und uns an diesen Plan gehalten, ohne dass wir Verantwortliche für Sessions oder den Ablauf benennen mussten. Es gab bei jeder Session Leute, die zu Anfang Input gaben – meist André und Alex, die ihr Wissen sehr großzügig geteilt haben.
Ich benutze selbst schon länger Mastodon, und über das ActivityPub–Plugin ist mein Blog inzwischen Teil des Fediverse. Mit dem technischen Hintergrund und der aktuellen Entwicklung dieses Teils des Open Web habe ich mich aber nie eingehender beschäftigt. Für mich war der Samstag eine strukturierte Einführung in das Fediverse:
- in den zugrundeliegenden Standard und die Probleme bei seiner Implementierung,
- den Umgang mit Identitäten und unterschiedlichen Inhaltsformaten,
- Schnittstellen zu anderen Anwendungen, vor allem Bluesky,
- WordPress als Teil des Fediverse,
- das Teilen von Event-Informationen,
- die hinter dem Fediverse stehende Philosophie und
- Öffentlichkeitsarbeit für das Fediverse.
Einige Stichpunkte haben wir in einem Etherpad festgehalten.
Die vielen Informationen, die vor allem André zum Activity Streams-Standard und seinen Implementierungen gab, habe ich nicht alle verarbeiten können, aber einige grundlegende Konzepte sind mir klarer geworden. Für mich ist auch deutlich geworden, wie schwer es war, dezentral, skalierbar und offen zu realisieren, was die großen kommerziellen Plattformen als zentralisierte Lösung anbieten: Austausch und Interaktion in Echtzeit mit Menschen und anderen Inhaltsquellen, die alle Teilnehmer:innen individuell festlegen. Dabei ist die Fediverse-Infrastruktur offen für unterschiedlichste Formate (z.B. Blogposts, Event-Ankündigungen, Videos und Forenbeiträge). Vielleicht ist es besser zu sagen: Sie legt ein Vernetzungs-Layer über unterschiedlichste Anwendungen.
In der Session zur Öffentlichkeitsarbeit für das Fediverse haben wir darüber gerätselt, wie man Menschen, die die bestehenden „sozialen Netzwerke“ gewohnt sind, die Bedeutung und die Leistungen des Fediverse vermitteln kann. Die Schwierigkeiten sind ähnlich wie bei vielen Argumentationen für Klimaschutz: Der Abschied vom Gewohnten macht Mühe und verspricht wenig Vorteile, solange nicht eine große Zahl von Menschen mitmacht. Thomas Kräftner hat mehrfach darauf hingewiesen, dass man am leichtesten für das Fediverse argumentieren kann, wenn es etwas leistet, das es woanders nicht gibt. Solche Vorteile sind aber für die meisten nur schwer erkennbar.
Im Nachhinein ist mir etwas klarer, wie weit „das Fediverse“ von der Anwendungs- und Anwender:innen-Ebene entfernt ist. Es ist schon schwierig, die Vorteile eines Netzwerks wie Mastodon zu erklären – das Fediverse liegt aber auf einer anderen Abstraktionsebene, die im Moment für die meisten Menschen kaum zugänglich ist. Vielleicht ist es leichter, Menschen hier in Graz von den Angeboten eines lokalen Vereins wie graz.social zu überzeugen – André und Karl Voit haben dafür schon viel unternommen. Über die Benutzung lokaler Angebote lässt sich dann vielleicht auch Verständnis und Engagement für das globale Fediverse wecken. Dazu müssen aber die lokalen Angebote von mehr Menschen als ein paar Engagierten getragen werden und sie brauchen öffentliche Unterstützung (durch die Stadt, aber auch z.B. durch Hochschulen wie die FH Joanneum).
Wie geht es weiter? Es soll noch in diesem Jahr ein ähnliches Event geben – es ist noch offen, ob es wieder Fedicamp heißen wird. Für die Außenkommunikation werden wir aber andere Instrumente brauchen. Wir haben am Ende des Samstags darüber gesprochen, und die Gespräche gehen weiter.
@Heinz @murdelta @linos @kraftner @publicvoit Wie läuft die Kommunikation mit den Universitäten? Es gibt ja die Uni Innsbruck als Leuchtturm. Auf der universitären Ebene müssten ja am ehesten Menschen ansprechbar sein.
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Ich habe es in Graz noch nicht ernsthaft versucht, mit den Hochschulen Kontakt aufzunehmen; es wäre dringend. Ich weiss, dass es am Studiengang Studium Journalismus und Public Relations der FH joanneum Interesse gibt. – Auf der letzten Re:publica habe ich einiges von den Aktivitäten an der Uni Innsbruck mitbekommen, das ist vorbildlich!
@Heinz Ich glaube @jupidu ist da irgendwie involviert. Steinigt mich nicht, wenn ich mich irre.
cc @RomanVilgut
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@c_ozwei @Heinz @RomanVilgut bin nicht mehr involviert … sorry
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@jupidu @Heinz @RomanVilgut Schade! Habe es super gefunden, dass Studierende mit Mastodon Erfahrungen machen durften.
@Heinz @c_ozwei lieber Heinz, Du kannst Dich gerne melden.
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Der @heinz schreibt über das erste Grazer #Fedicamphttps://wittenbrink.net/das-erste-grazer-fedicamp/#Fediverse #Barcamp
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Das erste Grazer Fedicamp – Lost and Found
[…] attended (German-spoken) FediCamp Graz 2025 last Saturday (see Heinz Wittenbrink’s summary in German) where we discussed a plethora of topics around the Fediverse, […]