Am Samstag habe ich an der Demo Demokratie verteidigen! teilgenommen—als Ordner, um etwas mehr zu tun als nur mitzugehen. Unsere Galerie hat den Aufruf zur Demo unterstützt. Weiterlesen
Am vergangenen Mittwoch habe ich mehrere Stunden an einen Betonwürfel angelockt vor dem Landtag in Bregenz gesessen, um in einer Aktion von Extinction Rebellion Vorarlberg gegen das Projekt „Tunnelspinne“ zu protestieren. Am Samstag saß ich zusammen mit Katha beim Markt der Zukunft in Graz auf dem Podium Leonore Gewessler gegenüber. Wir präsentierten die Forderung einer Arbeitsgruppe nach einer „Zukunftskammer“—einer partizipativen und öffentlich geförderten Supportstruktur für ökologische Wirtschafts- und Lebensformen. Die Aktion vor dem Vorarlberger Landtag haben Polizei und Cobra beendet. Nach der Diskussion mit der Ministerin wurde ein offizielles Gruppenfoto aufgenommen.
Am 14. April habe ich mich hinter eine Gruppe von Mitgliedern der Letzten Generation Österreich gestellt, die sich am Geidorfplatz in Graz an die Straße geklebt haben. Ich bin nicht gleich weggegangen, als die Polizei die nichtangemeldete Versammlung aufgelöst hat, und habe eines der Transparente gehalten, bis mich ein Polizist aufgefordert hat, mit ihm zu kommen. Die Polizei hat die Blockade aufgelöst; Feuerwehrleute haben die Klebstoffspuren beseitigt – wohl um den Aufwand demonstrativ hoch zu treiben.
Ich habe inzwischen zwei Strafverfügungen bekommen, eine von der Landespolizeidirektion Steiermark vor allem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, eine von der Stadt Graz – im Namen der Bürgermeisterin. Zusammen belaufen sie sich auf 1020 Euro. Hier ist mein Widerspruch gegen die erste Strafverfügung:
Ich war gestern auf der Protestdemo der Letzten Generation gegen die Razzien in Deutschland. Das Ganze war ein langsamer Protestmarsch, der am Lendplatz begann. Vorne und hinten gingen Leute von der letzten Generation. Vom Marierhilferplatz aus führte der Marsch auf die Straße an der Mur. Dort löste die Polizei die Kundgebung vor dem Kunsthaus auf. Die Menschen der Letzten Generation klebten sich an der Straße fest, alle anderen gingen auf die Gehsteige. Die Polizei löste die Angeklebten einzeln ab. Die Leute auf den Gehsteigen – zwischen 50 und 100 – klatschten und skandierten „Ihr seit nicht allein!“ und „Menschen schützen ist kein Verbrechen!“, und das lang und laut.
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Letzte Generation: Ungehorsam, aber zivil (Gürgen, 2022): Viele Hintergrundinformationen über die Letzte Generation. Wenn etwas fehlt, dann Hinweise auf die internationale Bewegung dahinter.
Zur Klimakommunikation eine Anekdote von Christoph Bautz:
Zur Bundestagswahl 2021 hatte Campact mehr als 5 Millionen Türhänger zum Thema Klimapolitik produziert, die sie vorher an Fokusgruppen testeten. Selbst bei Teilnehmer:innen „aus dem rot-grünen Milieu“ habe es ein klares Ergebnis gegeben: Alle Formulierungen, die die Klimakrise realistisch beschrieben, seien als „zu alarmistisch“ eingestuft worden. „Die Leute waren zwar für moderaten Klimaschutz. Aber wir haben gemerkt: Die Dramatik der Situation ist selbst in diesem Milieu noch nicht angekommen.“
Gestern abend habe ich bei John Berger gelesen (und dabei an Elon Musk gedacht):
Die Tatsache, dass die Tyrannen der Welt ex-territorial sind, erklärt das Ausmaß ihrer Überwachungsmacht, weist aber auch auf eine kommende Schwäche hin. Sie operieren im Cyberspace und residieren in bewachten Zonen. Sie haben keine Kenntnis von der sie umgebenden Erde. Außerdem tun sie dieses Wissen als oberflächlich und nicht tiefgründig ab. Nur die extrahierten Ressourcen zählen. Sie können nicht auf die Erde hören. Auf dem Boden sind sie blind. Im Lokalen sind sie verloren.
Für die Mitgefangenen ist das Gegenteil der Fall. Die Zellen haben Wände, die sich über die ganze Welt hinweg berühren. Wirksame Aktionen des nachhaltigen Widerstands werden nah und fern in das Lokale eingebettet sein. Widerstand im Outback, auf die Erde hören. (“Meanwhile,” Übersetzung mit deepl.com, von mir redigiert, in Berger, 2016)
Seit Dienstag, als ich mit Ana in der Dramatisierung seines Romans A und X im KiG gewesen bin, gehen mir Formulierungen Bergers durch den Kopf. Schon länger denke ich über die Bedeutung des Lokalen, des Orts, im Kampf gegen die Klimakatastrophe und die mit ihr verknüpften Krisen nach. Den Horizont dafür bildet für mich der Begriff der geosozialen Klasse (Latour & Schultz, 2022).
Mich beschäftigen drei Ereignisse, von denen ich gestern gelesen habe:
- James Lovelock ist an seinem 103. Geburtstag gestorben (Horton, 2022, der Guardian stellt fest, dass die Klimakrise, auf die er die Öffentlichkeit aufmerksam machen wollte, ein Grund dafür war, dass Lovelock so lange aktiv bieb.)
- Die Leopoldina hat ein langes Papier veröffentlicht, das eine Neuorganisation der Erdwissenschaften in Deutschland fordert und in die Erdsystemwissenschaft als eine wissenschaftliche Leitdisziplin einleitet (tagesschau.de, 2022).
- Im Guardian ist ein Artikel über eine Bewegung erschienen, die Besetzungen von Hochschulen und Schulen in vielen Ländern ab dem nächsten Schulstreik im November vorbereitet (End Fossil, 2022).
Gut aufbereitete Einführung zu Bürger:innenräten – mit vielen Literaturhinweisen und Links zu Beispielen (Extinction Rebellion UK, 2019). Habe sie gerade bei der Vorbereitung einer Extinction Rebellion-Veranstaltung zum österreichischen Klimarat gelesen.
Die Dimensionen des Themas Citizens Assemblies’/Bürger:innenräte gehen mir erst auf, seit ich für das Fazit einen Aufsatz über Ökologie und Demokratiekrise (PDF) geschrieben habe. Ich sehe die Chancen, mit den traditionellen demokratischen Instrumenten rechtzeitig auf die ökologischen Krisen zu reagieren, immer pessimistischer. Bisher haben diese Instrumente dramatisch versagt.
Nachweis
The hour-long conversation brought together scientific, contemplative, and activist perspectives, with a shared emphasis on creating the paradigm shift needed to build collective resilience. As Brother Pháp Dung said, “We need to reframe a little bit, and bring some more wonder and magic into the [climate change] movement. Although it is a crisis, as a human body and a human mind, we can only handle so much.”
Facing the Climate Crisis through Connection, Community, and Compassion – Mind & Life Institute
Je mehr ich mich mit der Klima- und den anderen ökologischen Krisen befasse, desto mehr glaube ich, dass wir eine spirituelle Dimension brauchen, um in ihnen leben und etwas gegen sie tun zu können.
Gestern hat mich ein Freund gefragt, was ich als “Rebell von Extinction Rebellion” jetzt für die richtige Strategie halte.
Ich denke immer wieder über diese Frage nach. Zu meiner Antwort jetzt bin ich vor allem durch das Buch Carbon Democracy (Mitchell, 2011) gekommen.