Ich wollte heute über die neue Site des Weißen Hauses schreiben, aber es ist darüber schon so viel publiziert worden, dass es mir noch nicht gelungen ist, die interessantesten Posts zu der Site auch nur zu lesen. Da ich nicht naiv drauflosschreiben möchte, hier vor allem ein paar Hinweise.
Trotzdem kurz meine persönliche Meinung: Ich finde wie Dave Winer die Site enttäuschend. Vom Anspruch auf Wechsel ist nicht viel zu merken. Man kann nicht kommentieren, und man kann auch nicht anders teilnehmen. Winer hat recht, wenn er schreibt, dass vor dem Auftritt ein Schild mit der Aufschrift Bitte warten!
zu hängen scheint, und wenn er von corporate cowardice (das könnte man mit Firmen-Feigheit
übersetzen) spricht.
Mich stört am meisten, dass die Site nicht aktuell ist. In den ORF-Nachrichten heute habe ich wesentlich mehr über den ersten Tag Obamas im Amt erfahren als auf der Site des Präsidenten. Das ist schwer zu begreifen.
Allerdings wird schon angekündigt, dass Gesetzesvorhaben auf der Site diskutiert werden sollen:
One significant addition to WhiteHouse.gov reflects a campaign promise from the President: we will publish all non-emergency legislation to the website for five days, and allow the public to review and comment before the President signs it [The White House – Blog Post – Change has come to WhiteHouse.gov].
Offenbar hat ein neues Team die Site erstellt, nicht die Agentur, die noch hinter Change.gov. stand (siehe das unten verlinkte Post von Tim O’Reilly). Vieles ist nicht fertig, nicht einmal das Registrierungsformular. Dass die Site mit Microsoft-Software betrieben wird, trägt irgendwie zu dem Eindruck bei, dass es sich um eine Auftragsproduktion handelt und nicht um ein Kommunikationsmittel.
Reaktionen auf die neue Site
Die treffendste Analyse stammt aus meiner Sicht von Dave Winer — The White House website:
But whitehouse.gov violates the most basic rule — „People come back to places that send them away.“ The White House should send us to places where our minds will be nourished with new ideas, perspectives, places, points of view, things to do, ways we can make a difference. It must take risks, because that is reality — we’re all at risk now — hugely.
Winer verweist auf die Artikel bei Spiegel Online (ausführlich, viele weitere Quellen) und in der New York Times, die wiederum einige interessante Stimmen zitiert.
Positives Feedback gibt es von Tim O’Reilly:
Not only did the Web 2.0 principles of user-engagement, viral outreach, rapid development, and real-time intelligence help Obama to win the presidency, he’s bringing the same principles and the same team to manage his outreach during his time in office [change.gov Becomes whitehouse.gov – O’Reilly Radar].
Jason Kottke hat sofort festgestellt, dass — im Gegensatz zum bisherigen Auftritt — alle Inhalte für Suchmaschinen zugänglich sind: The country’s new robots.txt file.
Ein Signal der Veränderung ist es übrigens, dass sich die Mainstream-Medien sofort mit der neuen Site beschäftigten. Als Mittel der Repräsentation von Politik hat das Web die anderen Medien inzwischen eingeholt.