Langer Essay von Naomi Klein und Astra Taylor über die verschiedenen Spielarten des Endzeit-Faschismus in der Trump-Umgebung (Klein & Taylor, 2025). Gemeinsam sind diesen Strömungen die Gewissheit, dass die Menschheit sich in einer apokalyptischen Situation befindet, und die Entschlossenheit, nur einen mehr oder weniger kleinen Teil der Menschheit auf Kosten des übrigen Teils zu retten. Hauptvertreter sind Tech-Milliardäre, deren Geschäfte erheblich dazu beitragen, dass das Überleben von immer mehr Menschen gefährdet ist.

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There were no accepted criteria of fascism, nor did it possess conventional tenets. Yet one significant feature of all its organized forms was the abruptness with which they appeared and faded out again, only to burst forth with violence after an indefinite period of latency. All this fits into the picture of a social force that waxed and waned according to the objective situation.

What we termed, for short, “fascist situation” was no other than the typical occasion of easy and complete fascist victories. All at once, the tremendous industrial and political organizations of labor and of other devoted upholders of constitutional freedom would melt away, and minute fascist forces would brush aside what seemed until then the overwhelming strength of democratic governments, parties, trade unions. […]

To imagine that it was the strength of the movement which created situations such as these, and not to see that it was the situation that gave birth in this case to the movement, is to miss the outstanding lesson of the last decades.

Fascism, like socialism, was rooted in a market society that refused to function. (Polanyi, 2001, p. 239)

Habe gerade versucht, bei Karl Polanyi ein Zitat zu finden, das zur aktuellen Situation passt. Anlass: Ein Interview im Deutschlandfunk mit einer „Wirtschaftsweisen“, die zwar von den „Gebeutelten“ der Globalisierung spricht, aber die historische Situation nicht benennt und die Parallelen zur Situation vor 100 Jahren absichtlich oder unabsichtlich ignoriert (Malmendier, 2025).

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Notizen zu Texten von Quinn Slobodian und Bruno Latour

Saudi-Arabien als Vorbild

Durch einen Essay bin ich auf Quinn Slobodian aufmerksam geworden. In Does Trump Want America to Look More Like Saudi Arabia? (2025) stellt er dar, wie sehr Donald Trump Saudi-Arabien verehrt und wie eng Trumps Beziehungen dorthin sind. Slobodians These, die ich zuerst als nur ironisch missverstanden habe, ist: Wenn man ein Vorbild dafür sucht, wie Trump die USA umgestalten will, ist Saudi-Arabien wichtiger als die Faschismen der 20er und 30er Jahre. Die fossilen Größenphantasien Trumps (Slobodian nennt es nicht so; sein Fokus ist hier nicht die Klimaproblematik) gleichen denen des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.

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Der reichste Mann der Welt Elon Musk lässt eine Truppe von Rowdies in das Hauptquartier der amerikanischen Behörde für Ozeane und Atmosphäre NOAA eindringen (Sainato, 2025). Ziel ist, wie die Aktivistin Gretchen Gehrke es ausdrückt, soviel zu zerstören wie möglich, bevor Gerichte die Administration stoppen können (Milman et al., 2025). Musk hat nicht nur den römischen Gruß übernommen (Bennhold, 2025). Er kommandiert jetzt eine Truppe, die mit adaptierten SA-Methoden die Mitarbeiterinnen einer Behörde terrorisiert, die Daten und Informationen zur Klimakrise und ihren Folgen zugänglich macht.

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Ich versuche immer noch, mit so etwas wie einen Reim auf die Wahl von Trump zu machen. In der Unmenge der Kommentare nehme ich die ernst, die davor warnen, Trump zu verharmlosen, also etwa die Einschätzungen von Jan-Werner Müller und – gestern – von Irene Braam. Wie viele andere sprechen diese Analysen dafür, dass Trump umsetzen wird, was er angekündigt hat: den liberalen Staat abbauen und durch ein autoritäres Regime ähnlich dem von Orbán in Ungarn ersetzen. Es spricht auch nichts dafür, dass er mit der Nato und der EU anders als nationalistisch umgehen wird: Er wird sie benutzen, um Druck auszuüben und die Abhängigkeit von den USA zur Stärkung der US-Wirtschaft zu nutzen.

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Das Hauptproblem für eine an den ökologischen Tatsachen orientierte Politik ist nicht Trump, sondern es sind die USA.

Es besteht im amerikanischen, kolonialistischen und patriarchalischen Kapitalismus, dem damit verbundenen way of life, dem dazu nötigen internationalen Dominanzanspruch und den dadurch ausgelösten ökologischen Katastrophen.

Trump ist ein erklärter Nationalist. Mit ihn gibt der amerikanische Kapitalismus den Anspruch auf Universalismus auf. Er kann diesen Anspruch angesichts der ökologischen Krisen und angesichts des Verlustes der weißen Dominanz nicht behaupten.

Jan-Werner Müller hat in dem Interview gestern (Nach US-Wahlen – Politologe warnt vor “Staatsstreich in Zeitlupe”) darauf hingewiesen, dass Trump wie Orbán und Kaczyński zum zweiten Mal an der Macht ist und ein Programm hat. Damit wird er seine Macht absichern, um sie dann weiterzugeben, dynastisch oder an jemand wie Musk. Er wird die Institutionen zerschlagen oder entmachten, die wirksam Widerstand gegen die Oligarchie eines Bündnisses von US-Kapitalisten leisten können.

Durch den ressourcenintensiven way of life kann dieses Bündnis sich mit großen Teilen der Arbeiterschaft verbünden. Für diese Gruppen war Kamala Harris kein ausreichendes Angebot. Putin hat in seiner Reaktion gut erfasst, dass diese Gruppen vom patriarchalischen Habitus Trumps angesprochen wurden. Bernie Sanders hat benannt, dass die demokratischen Kampagne die Arbeitenden nicht genug angesprochen hat (PDF), allerdings nicht die kulturellen Aspekte der Entscheidung der Trump-Wählerschaft erwähnt.

Die Trump-Kampagne beruht auf dem Wunsch nach einer Scheinrealität. Daher ist ihr mit dem Hinweis auf Verlogenheit auch nicht beizukommen.

Europa müsste auf diesen Nationalismus durch Maßnahmen gegen das US-Kapital reagieren. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich oligarchische Gruppen in einzelnen europäischen Ländern mit ihm verbünden werden.