Sehr hörenswert. Einerseits, weil gut dargestellt wird, wie die Fossilindustrie seit den 70er Jahren PR zur Vernebelung der Folgen ihrer Geschäfte verwendet—nicht neu, aber hier sehr gut zusammengefasst. Andererseits, weil der Podcast über Kampagnen, vor allem Clean Creatives, informiert, die dieser Branche die social licence to operate entziehen wollen. Sie stellen PR-Firmen und Anwaltsbüros an den Pranger, die für die Fossilindustrie arbeiten. Die eingeladenen Gäste kennen sich sehr gut aus. Die Seite enthält ein vollständiges Transskript der Folge.

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Eine der treffendsten Formulierungen, um die Ziele der Degrowth-Bewegung auszudrücken, lautet Living well within limits oder Gutes Leben innerhalb von Grenzen1. In seinem Buch Grenzen reflektiert Giorgos Kallis darüber, wie diese Grenzen zu verstehen sind. Er erklärt, warum die Grenzen, innerhalb derer wir gut leben können, nicht Grenzen sind, die uns die Natur oder die Erde setzt. Wir sind ausschließlich selbst dafür verantwortlich, diese Grenzen zu ziehen und zu respektieren. Ein gutes Leben führen wir nicht trotz, sondern wegen ihnen.

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Cover von "The Ministry for the Future"
Cover von „The Ministry for the Future“

The Ministry of the Future (deutsch: Das Ministerium für die Zukunft) ist ein enzyklopädischer Roman, eher in der Tradition des Barockromans als der realistischen Erzählung des 19. Jahrhunderts. Der Roman beschreibt eine Utopie und den Weg zu dieser Utopie. Erzähler und Figuren skizzieren Elemente einer mit der Biosphäre ausgesöhnten Zivilisation und manche der politischen Schritte, die zu ihr führen. Der Erzähler erläutert sie mit vielen Begriffen—von der Half-Earth bis zum Fiat Money—die aus den Diskussionen unserer Gegenwart stammen. Indem er vor allem an gegenwärtiges, nicht an fiktives zukünftiges Wissen anschließt, macht er durchsichtig, dass die Verwirklichung der Utopie in diesem Roman ein Gedankenexperiment ist.

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Bruno Latour: Où suis-je? Cover der Printausgabe
Bruno Latour: Où suis-je? Cover der Printausgabe

Ich habe Bruno Latours neues Buch Où suis-je (deutsch: Wo bin ich?, Latour 2021) in einer Woche gelesen, die mit der Lektüre der Political Summary des IPCC AR6 (IPCC et al., 2021) begann und einer dreitägigen Online Assembly von Extinction Rebellion Austria endete. In dieser Woche habe ich mich zugleich auf das Leben hier in Dubrovnik eingestellt. Latours Ratschlag an uns Erdlinge (französisch: terrestres), die Netzwerke, in denen man lebt und von denen man abhängig ist, von dem Ort aus, an dem man ist, zu erforschen, habe ich auf das Erschließen dieser Umgebung einer mediterranen Stadt übertragen, die ich zwar etwas kenne, aber die gerade jetzt—nach den Lock downs und nach dem Ende meiner Zeit als Angestellter—wieder neu für mich ist.

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Print-Cover des Buchs "Der Klimawandel" von Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber
Print-Cover des Buchs „Der Klimawandel“ von Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber

Ich habe mir das kleine Buch von Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber über den Klimawandel (Rahmstorf & Schellnhuber, 2018) schon vor einiger Zeit gekauft, mich aber jetzt erst gründlicher damit beschäftigt, angeregt durch das letzte Video Rahmstorfs über Klimawandel und Meere (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, 2020) .

Ich habe Schellnhuber und Rahmstorfs Buch wie ein Geschichtsbuch gelesen. Es beginnt mit der Darstellung des Klimas in den geologischen Epochen bis zum Holozän, behandelt dann die anthropogenen Veränderungen des Klimas und ihre Folgen für die Gesellschaften und Ökosysteme auf dem Planeten und im letzten Teil die Versuche und Möglichkeiten, eine Klimakatastrophe noch abzuwenden. Verbunden sind diese Themen durch Passagen über die Geschichte der Erforschung des Klimas.

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Einige der bekanntesten Vertreter der Erdsystemwissenschaft haben jetzt in The emergence and evolution of Earth System Science (Steffen et al. 2020) die Geschichte dieser, wie es in dem Artikel heisst, transdisziplinären Wissenschaft dargestellt. Der Artikel macht verständlich, in welchen wissenschaftlichen Zusammenhang Publikationen zu den planetaren Grenzen, zum Anthropozän und zu Kipp-Punkten und Kaskaden von Kipp-Punkten gehören.

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Charlotte Brives, Pierre Charbonnier und Bruno Latour haben sich in den letzten Wochen zur Coronakrise geäußert. Sie stellen zur Covid-19-Pandemie Fragen wie: In welchem Verhältnis steht die Pandemie zu den großen, miteinander verbundenen ökologischen Krisen? Was verändert sie in unseren Gesellschaften—was zeigt sich in ihr über unsere Gesellschaften? Sie kritisieren die vorschnellen Antworten der nationalstaatlich orientierten Politik, des neoliberalen und auch des herkömmlich linken ökonomischen Determinismus und einer vorgeblich überpolitischen Ökologie. Die Forderung nach einer lokalisierten Zivilgesellschaft, die das Territorium, das Gelände nicht als Außen begreift, sondern sich mit ihm vernetzt, ist für mich das wichtigste Thema nach der ersten Lektüre dieser Texte.

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