Herumschauen auf Mastodon – danke @wir@graz.social! Es hat etwas von der frühen Twitter-Zeit, aber ganz anders ist der Aufbau um lokale (oder hyperlokale) Communities. Föderation statt Globalisierung – erinnert mich (wie vieles zur Zeit) an Latours Konzept des Irdischen.

Cover von "The Ministry for the Future"
Cover von „The Ministry for the Future“

The Ministry of the Future (deutsch: Das Ministerium für die Zukunft) ist ein enzyklopädischer Roman, eher in der Tradition des Barockromans als der realistischen Erzählung des 19. Jahrhunderts. Der Roman beschreibt eine Utopie und den Weg zu dieser Utopie. Erzähler und Figuren skizzieren Elemente einer mit der Biosphäre ausgesöhnten Zivilisation und manche der politischen Schritte, die zu ihr führen. Der Erzähler erläutert sie mit vielen Begriffen—von der Half-Earth bis zum Fiat Money—die aus den Diskussionen unserer Gegenwart stammen. Indem er vor allem an gegenwärtiges, nicht an fiktives zukünftiges Wissen anschließt, macht er durchsichtig, dass die Verwirklichung der Utopie in diesem Roman ein Gedankenexperiment ist.

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Lese gerade Posts, die ich vor 13 Jahren geschrieben habe (Auf dem Weg zur Participation 2.0 , Notizen zur Participation 2.0: Nico Carpentier), und bin überrascht, wie lange ich jetzt schon auf denselben Knochen kaue. Verändert hat sich bei mir seitdem, dass die Thematik der Erde hinzugekommen ist—sicher in Verbindung mit der Actor Network Theory, die mich seit damals interessiert. Mir wird auch klarer, was ich hier tue: Ich schreibe nicht vor allem über Themen, sondern ich bestimme zugleich meine Perspektive, die Perspektive des Autors dieser Texte, der selbst ein Ergebnis des Schreibens ist. Mich hat auch damals, in einer Phase des Social Media-Aktivismus, die materielle Seite der digitalen Medien interessiert, die ich jetzt in Verbindung mit den material flows auf dem Planeten sehe. Auch die Ausrichtung auf Dezentralität und Partizipation, ein anarchistisches Motiv, hat sich seit damals nicht verändert.

Im Augenblick interessiert mich am meisten, wie man die wissenschaftliche Praxis der Untersuchung des Erdsystems und ihre Ergebnisse in Texte, vor allem in popularisierende und journalistische Texte, und in politische Praxis übersetzen kann, wobei ich die Texte und die politische Praxis als immer auch digital verstehe. Dabei wird das, was übersetzt wird, auch davon definiert, in was es übersetzt wird, es gibt vor der Übersetzung, vor den Interpretanten, keinen Zugang zu ihm. Das macht es so schwer, zwischen richtigen und falschen Übersetzungen oder Lektüren zu unterscheiden, also z.B. zu sagen, was eine gute und was eine schlechte Übersetzung von Forschung in einen journalistischen Text oder politische Maßnahmen ist. Die schlechte Übersetzung ist relativierend, aber das zu Übersetzende gibt nicht vor, wie gut übersetzt wird—sonst wäre gar keine Übersetzung nötig. Die gute Übersetzung verbindet sich mit dem, was übersetzt wird. Sie ist eine Vermittlung, nicht einfach eine teils adäquate und teils inadäquate Abbildung. Eine gute Übersetzung ist offen für das, was im Original unbestimmt ist, in ihm an Möglichkeiten enthalten ist.

Das wirkt sehr abstrakt, aber man kann es an Beispielen wie der Kommunikation über Virologie oder Klimawissenschaft konkretisieren. Die politisch schlechten Antworten oder Übersetzungen sind für das, was in der Forschung und ihrem Gegenstand noch geschehen kann, nicht offen, sie stellen die Ebene oder das Medium, in die übersetzt wird, nicht in Frage und verbinden sie nicht mit dem Übersetzten. Sie blenden deshalb z.B. Risiken aus. Grünes Wachstum ist ein Beispiel für eine Fehlübersetzung. Die wirtschaftlichen Praktiken werden nicht in Frage gestellt, sondern es werden nur ihre Gegenstände verändert. Versteht man sie semiotisch als Interpretanten, dann sind sie mit den Interpretanten der wissenschaftlichen Praxis und durch diese mit der ökologischen Realität nicht vermittelbar, sie schränken die Handlungsmöglichkeiten der Akteure so ein, dass diese früher oder später praktisch scheitern.

Gestern habe ich die lange Reportage über Migration in der Klimakrise The Great Climate Migration Has Begun im New York Times Magazine gelesen. Im Fokus steht die Migration aus Mittelamerika in die USA oder—für die, die nicht so weit kommen—nach Mexiko. Berichte über Einzelschicksale von Migrantinnen und Migranten aus Guatemala und El Salvodor bilden aber nur eine Ebene des Textes und der Fotografien. Der Text macht es möglich, sich in die Leiden der Betroffenen einzufühlen, und er zeigt die Größenordnungen dieses Leids durch laufende Wechsel der Perspektive auf das Schicksal von Millionen und Milliarden. Auch wenn man sich schon lange intensiv mit der globalen Erhitzung und ihren Folgen beschäftigt hat, ist man von diesem Text betroffen. Am Ende fasst Abrahm Lustgarten zusammen, dass jedes Grad zusätzlicher Erwärmung für etwa eine Milliarde Menschen bedeutet, dass sie ihre Lebensgrundlagen verlieren und migrieren müssen: in die reichen Länder, wenn sie sehr erfolgreich sind, oder in die großen Städte des eigenen Landes oder der Gebiete zwischen ihrer ursprünglichen Heimat und dem globalen Norden, wenn sie nicht alle Mauern und Absperrungen nicht überwinden können.

Update, 26.4.2024: Inzwischen funktioniert die Synchronisierung der Highlights mit der Pocketbook-Software. Dieses Post ist also nur noch historisch interessant.

Ich habe mir kurz nach Weihnachten einen PocketBook Touch HD 3 gekauft, und ich lese längere Texte sehr gerne damit (z.B. Masterarbeiten, die unsere Studierenden als epub-Files abgeben). Einziges Problem: Highlights (Stellen, die ich mir anstreiche) werden nicht vom Reader mit den Apps auf Mobiltelefon und Computer synchronisiert. Weiterlesen