Mein Lektüretag hat angenehm begonnen – mit Armin Thurnhers Falter-Kolumne. Ich habe gelernt, dass „Turnerinnen und Turner“ nicht dasselbe ist, wie „Turnende“. Ich teile alle Wünsche Thurnhers. Ich würde einen Akzent anders setzen: Der digitale Überwachungskapitalismus und die Klimakatastrophe gehören für mich näher zusammen. Die Digitalisierung durch Monopole ist ein Aspekt der Akkumulation des Kapitals, die die Ressourcen der Erde erschöpft.
Auf Seite 35 ihres ausgesprochen schmalen Wahlprogramms spricht die FPÖ Steiermark (oder Mario Kunasek; zwischen Partei und Vorsitzendem wird in diesem Dokument nicht so genau unterschieden) von dem
[…] derzeit von der Europäischen Union und der österreichischen schwarz-grünen Bundesregierung verfolgte[n] Kurs des „Klimakommunismus“, der heimische Jobs und den Wohlstand im Land gefährdet.
Auf derselben Seite fordert sie die
Verankerung von Aufklärungsveranstaltungen über den Klima-Fanatismus in steirischen Schulen.
Das sind Stoßrichtung und Niveau der Partei, die gestern von 35% der wahlberechtigen Bevölkerung der Steiermark gewählt wurde und mit der sowohl ÖVP wie SPÖ koalieren wollen. Noch mehr als die Dumpfheit der Aussagen dieses Männerclubs stört mich die Selbstverständlichkeit, mit der der Blödsinn in der Öffentlichkeit akzeptiert wird. Der Landeshauptmann hat in der letzten Phase des Wahlkampfs versucht, sich bei Kickl, Kunasek und Volksgenossen regelrecht anzubiedern. Wir wundern uns, dass in den USA die Konservativen vor Trump zittern und sich zu seinen Erfüllungsgehilfen machen. Nichts anderes passiert gerade in der Steiermark.
Was die FPÖ hier macht, ist nicht einfach Ablehnung der Klimapolitik, zu der sich Österreich und die EU vertraglich verpflichtet haben. Hier – wie auch sonst – führt sie jede Debatte ad absurdum, indem sie beleidigende und menschenfeindliche Phantasien zu diskutablen Programmpunkten erklärt. Wer so etwas ernst nimmt, kann sich dann nicht mehr selbst ernst nehmen. Und darauf kommt es an.
In Wien, in Mapping the 60s, die sehr gut Kunst als soziales und räumliches Konstrukt zeigt und dadurch einen freien Blick ermöglicht. Die vielen Ausstellungen, in denen Werner Hofmann männliche Künstler präsentierte, werden in Katalogen, Plakaten und Fotos dokumentiert, die wenigen von ihm angekauften Werke von Künstlerinnen im Original gezeigt.
Das Hauptproblem für eine an den ökologischen Tatsachen orientierte Politik ist nicht Trump, sondern es sind die USA.
Es besteht im amerikanischen, kolonialistischen und patriarchalischen Kapitalismus, dem damit verbundenen way of life, dem dazu nötigen internationalen Dominanzanspruch und den dadurch ausgelösten ökologischen Katastrophen.
Trump ist ein erklärter Nationalist. Mit ihn gibt der amerikanische Kapitalismus den Anspruch auf Universalismus auf. Er kann diesen Anspruch angesichts der ökologischen Krisen und angesichts des Verlustes der weißen Dominanz nicht behaupten.
Jan-Werner Müller hat in dem Interview gestern (Nach US-Wahlen – Politologe warnt vor “Staatsstreich in Zeitlupe”) darauf hingewiesen, dass Trump wie Orbán und Kaczyński zum zweiten Mal an der Macht ist und ein Programm hat. Damit wird er seine Macht absichern, um sie dann weiterzugeben, dynastisch oder an jemand wie Musk. Er wird die Institutionen zerschlagen oder entmachten, die wirksam Widerstand gegen die Oligarchie eines Bündnisses von US-Kapitalisten leisten können.
Durch den ressourcenintensiven way of life kann dieses Bündnis sich mit großen Teilen der Arbeiterschaft verbünden. Für diese Gruppen war Kamala Harris kein ausreichendes Angebot. Putin hat in seiner Reaktion gut erfasst, dass diese Gruppen vom patriarchalischen Habitus Trumps angesprochen wurden. Bernie Sanders hat benannt, dass die demokratischen Kampagne die Arbeitenden nicht genug angesprochen hat (PDF), allerdings nicht die kulturellen Aspekte der Entscheidung der Trump-Wählerschaft erwähnt.
Die Trump-Kampagne beruht auf dem Wunsch nach einer Scheinrealität. Daher ist ihr mit dem Hinweis auf Verlogenheit auch nicht beizukommen.
Europa müsste auf diesen Nationalismus durch Maßnahmen gegen das US-Kapital reagieren. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich oligarchische Gruppen in einzelnen europäischen Ländern mit ihm verbünden werden.